die dritte meinung
: Die Nominierung von Ajay Banga als Weltbankpräsident ist ein Fehlgriff, sagt Ute Koczy

Die Weltbank steht zu Recht unter Reformdruck. Die Bank, deren Anteilseigner aus 189 Mitgliedsstaaten kommen, hinkt bei der Bekämpfung der heutigen multiplen Krisen hinterher. Die Hoffnung ruht auf dem Reformprozess 2023 und auf einer neuen Person an der Spitze. Jemand, die oder der fähig ist, die notwendigen institutionellen Veränderungen im Kampf gegen die Erd­er­wär­mung, den Erhalt der Ökosysteme und für mehr Gerechtigkeit voranzutreiben.

Am 23. Februar hat die US-Regierung überraschend den Spitzenmanager Ajay Banga nominiert und stößt damit auf massive Kritik. Banga ist in der entwicklungspolitischen Szene gänzlich unbekannt. Die Recherche zur Person lässt viele Zweifel aufkommen. Sein Lebenslauf ist fast schon eine Provokation: Nestlé, PepsiCo India, Citigroup, Exor, Mastercard und aktuell Vizepräsident beim Finanzinvestor General Atlantic. Eine Bilderbuchkarriere des globalen Topmanagers. So fiel die Wahl auf einen Mann, der Führungserfahrung von Finanzinstitutionen hat und zudem willens ist, privates Kapital zu mobilisieren. Doch der fehlende entwicklungspolitische und klimapolitische Hintergrund lässt große Zweifel hinsichtlich seiner Eignung aufkommen, eine öffentliche Bank zu leiten, deren Legitimation auf der Armutsreduzierung basiert.

Ute Koczy ehemalige Grünen-MdB und MdL-NR, ist seit 2018 Cam­paig­nerin für multilaterale Finanzinstitu­tionen bei urgewald e. V. und leitet die Welt­bank­kampagnen der Umwelt- und Menschen­rechts­organisation.

Ist Banga also wirklich, wie von Washington beschrieben, ein Verfechter von Geschlechtergerechtigkeit und der Einbeziehung von Minderheiten? Wird er die Pariser Klimavereinbarung in den Reformprozess als Leitlinie einführen? Wird er öffentliche Transparenz und Berichterstattung über fossile Förderung verankern? Misstrauen ist berechtigt, denn Banga ist seit 2021 auch Mitglied des Verwaltungsrats von Temasek, zu dessen Portfolio Firmen gehören, die in der Öl- und Gasinfrastruktur tätig sind. Es ist mehr als fraglich, ob er die Weltbank tatsächlich so reformieren kann, dass diese zukünftig wirksam auf zunehmende Armut, Klima-, Biodiversitäts- und Wirtschaftskrisen reagieren kann. Ein schlechter Start in das Reformjahr der Weltbank.