Selbst Clement wollte nicht mehr

Die Lockerung des Pressefusionsrechts ist endgültig gescheitert – jedenfalls bis zu den Neuwahlen

Ein Vorschlag muss wohl tatsächlich ein Kompromiss sein, wenn zwei Gruppen, die sich eher nahe stehen, aus komplett gegensätzlichen Gründen dagegen sind. So war es beim Koalitionsvorschlag zur Lockerung des Pressefusionsrechts. Der Opposition gefiel er nicht, weil sie mittelständische Verlage durch mangelnde kartellrechtliche Eingriffsbefugnisse gefährdet sah. Den großen Verlagen ging der Einfluss des Kartellamts zu weit, sie wollten eine weitergehende Lockerung. Doch das spielt jetzt – zur Freude einiger kleiner Verlage (und auch der taz) – keine Rolle mehr, denn Wirtschaftsminister Wolfgang Clement selbst schlug am Mittwoch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat vor, auf eine Lockerung des Pressefusionsrechts vorerst zu verzichten.

Der Koalitionskompromiss sah vor, dass sich Zeitungen ohne genaue Prüfung durch das Kartellamt zusammenschließen können, wenn der Jahresumsatz der beteiligten Blätter 50 Millionen Euro (bisher: 25 Millionen) nicht überschreitet. Außerdem hätten kleine Zeitungsverlage unter zwei Millionen Euro Umsatz ohne Anmeldung beim Kartellamt übernommen werden können. Umfangreiche Kooperationen bei Vertrieb, Druck und Anzeigen wären unter bestimmten Voraussetzungen möglich gewesen. Darauf hatte sich die Regierungskoalition nach langen Verhandlungen geeinigt.

Grietje Bettin, medienpolitische Sprecherin der Grünen, ist enttäuscht: „Die von uns erarbeitete Lösung hätte auch den kleineren und mittleren Verlagen geholfen.“ Zwar waren auch die Grünen ursprünglich nicht wirklich für eine Lockerung des Pressefusionsrechts, Bettin befürchtet jetzt aber, dass das Thema nach den Neuwahlen noch mal „aus der anderen Richtung angeschoben werden könnte“.

Darauf baut auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). „Wir bedauern es sehr, dass im Vermittlungsausschuss keine Einigung gefunden wurde“, sagt Verbandssprecher Hans-Joachim Fuhrmann. Der BDZV setzt sich für Kooperations-Erleichterungen in den Bereichen Vertrieb und Anzeigen ein. Ob es tatsächlich dazu kommt, ist fraglich. Zumindest einen wird das wohl wenig stören: Kartellamtschef Ulf Böge. Der hatte nämlich schon im letzten Jahr deutlich gemacht, dass ihm die bestehenden Regelungen zum Erhalt der Pressevielfalt völlig ausreichten. HEIKO DILK