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: „Wir nehmen uns viel Freiheit“

Veränderte Frequenzen und singende Trommeln im Kinosaal: Die Bremer Musiker Mattia Bonafini und Christian Rosales Fonseca begleiten Experimentalfilme

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Fonseca, Herr Bonafini, wenn Sie morgen Abend zu Filmen von Bill Morrison und Peter Tscherkassky musikalisch improvisieren: Sehen Sie diese Filme dann selbst zum ersten Mal?

Christian Rosales Fonseca: Nein, wir haben sie ja für das Programm mit ausgesucht. Wir haben Proben gemacht und dabei ein Gerüst für unsere Musik entwickelt. Doch hauptsächlich nehmen wir uns viel Freiheit zum Improvisieren. Da gibt es vieles, das nicht vorher geplant ist, auch in Verbindung mit dem Publikum.

Wie kam es zu dieser Auswahl an Filmen, in denen viel mit dem Filmmaterial selbst und mit Found Footage, also gefundenen Fragmenten gearbeitet wird?

Mattia Bonafini: Wir meinen, dass es Ähnlichkeiten dazu gibt, wie wir mit Geräuschen und Klängen arbeiten.

Wie gestalten Sie beide Ihre Filmmusik?

Rosales Fonseca: Ich spiele E-Gitarre, doch mein eigentliches Hauptinstrument sind meine Pedale, mit denen ich die Klänge verzerre, mit dem Nachhall arbeite oder die Frequenzen ändere.

Foto: Jimmy Dao Sheng Liu

Christian Rosales Fonseca

(l.) geboren 1993 in Bogotá, Kolumbien, ist Komponist, Improvisator und E-Gitarrist.

Mattia Bonafini

geboren 1980 in Verona, Italien, arbeitet in den Bereichen elektroakustische Musik und Performance.

Bonafini: Ich arbeitet hauptsächlich mit Synthesizern und Samples – etwa von Stimmen, die andere Geschichten erzählen als die Filme.

Das könnte man ja dann auch beinahe akustisches Found Footage nennen. Sie begleiten die Bilder aber nicht nur, sondern setzen auch Kontrapunkte?

Rosales Fonseca: Ja, wir bringen zum Beispiel auch unsere politischen Meinungen mit ein.

Wie das?

Meine Heimat ist Kolumbien, und bei einigen Stimmen, mit denen wir arbeiten, geht es um das Problem Nord/Süd: um Einwanderungspolitik, Flüchtlinge und darum, wie der Norden Mauern zum Süden hin bauen will.

Wie haben Sie beide sich zum Duo „Incomodo“ – zu Deutsch: „unbequem“ – zusammengefunden?

Improvisations-Performance „Materiale incomodo“: Fr, 10. 3., 20 Uhr, Bremen, City 46

Rosales Fonseca: Wir haben beide Komposition an der Hochschule für Künste in Bremen studiert und waren dort auch Meisterschüler für freie Kunst. Wir wollten schon lange was zusammen machen, um gemeinsam neue Ausdrucksmöglichkeiten und Klangfarben zu finden. Wir sind nicht nur Musiker, sondern auch Performer.

Aber sind bei diesem Kinokonzert nicht die gezeigten Filme die eigentliche Performance?

Bonafini: Ja – aber bei mir ist zum Beispiel auch das Schlagwerk Teil des Instrumentariums. Am Freitag nun werde ich verschiedene Trommeln im Kinosaal verteilen, an die kleine Lautsprecher geklebt sind. Und ich werde dann von meinem Mischpult aus Signale schicken, die durch die Membranen der Trommeln verstärkt werden.