: Suche nach der Erfolgskombination
Bei der WM geht es auch um die Reformfähigkeit der Nordischen Kombination. Für eine olympische Zukunft braucht es mehr Spektakel und Teilnehmer
Aus Planica Lars Becker
Natürlich geht es für die Nordischen Kombinierer im Team-Wettbewerb dieser WM von Planica am Mittwoch zuallererst um Medaillen. Es geht aber auch um die Zukunft der „Könige des Wintersports“, die seit den ersten Winterspielen 1924 olympisch sind. Seitdem das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Kombiniererinnen die Aufnahme ins Olympia-Programm 2026 verweigert und gleichzeitig die Streichung der Männer-Wettbewerbe ab 2030 angedroht hat, ist der Traditionssport in Aufruhr.
Die weltbesten Kombiniererinnen formten bei der WM wie vor jedem Rennen in diesem Winter mit ihren Skistücken ein X in der Luft. Es steht für „no eXception“, also „keine Ausnahme“. Denn die Nordische Kombination ist die einzige Sportart, in der es bei den Winterspielen keine Wettbewerbe für Frauen gibt. Wie man die Entwicklung der Nordischen Kombination fördern kann – es gibt noch nicht genügend leistungsstarke Teilnehmernationen –, ist ein wichtiges Thema für die Zukunft. Ein anderes ist die Modernisierung des Traditionssports. IOC-Sportdirektor Kit McConnell hatte nämlich die „mangelnde Attraktivität der Sportart“ kritisiert.
Tatsächlich gibt es bei Großereignissen wie WM und Olympia in den Einzelwettbewerben nur ein Format. Einem Skisprung von der Normal- und Großschanze folgt ein 10-km-Langlauf. Die spannenden Langlaufrennen erreichen zwar wie beim Olympiasieg von Vinzenz Geiger in Peking zumindest in Deutschland Top-Einschaltquoten im TV, aber das reicht dem IOC nicht. Im Trend sind junge, TV-affine Sportarten wie Freestyle oder Skicross. 2026 wird zudem das Skibergsteigen seine Olympia-Premiere feiern, eine Art sportliche Variante des Tourenskigehens.
„Wir brauchen neue Ideen, wie wir noch mehr Leute für diese traditionsreiche Sportart begeistern können, die den Ursprung des Skisports verkörpert“, sagt Hermann Weinbuch, der Bundestrainer der Nordischen Kombinierer. Er hat einige spektakuläre Ideen in der Schublade. Eine davon ist die „Cross-Kombi“, eine Mischung aus Langlaufsprint und Skicross in der Loipe. Abhängig von ihrer Leistung im Skispringen würden die Kombinierer auf einem hügeligen und kurvenreichen Parcours in Achter-Heats an den Start gehen. Die jeweils besten jedes Laufes qualifizieren sich für die nächste Runde, bis nach dem Finale der Sieger feststeht. Spektakuläre Action und Stürze wären in so einem Format garantiert.
„Der Showeffekt wäre groß, aber solch ein Rennen könnte auch jüngere Leute begeistern. Sowohl die Sportler als auch die Zuschauer am TV-Bildschirm“, glaubt Weinbuch. Seine zweite Idee nennt er „Power Race“. In diesem Format würden die Zeitabstände für den Langlauf nicht wie sonst üblich nach den Punkten im Skispringen berechnet, sondern nach der Platzierung. Jeweils fünf Sekunden nacheinander könnten die Sportler ins Rennen gehen, eine Minute nach dem Spitzenreiter dann der ganze verbliebene Rest des Pulks. „Auch hier wäre viel mehr Action und Zweikampf garantiert, viel mehr Sportler wären im Bild“, so Weinbuch. Er ist für die Rettung seiner geliebten Sportart auch bereit, Abstriche bei der sportlichen Gerechtigkeit der Wettbewerbe zu machen: „Wir brauchen einfach mehr Teilnehmer, mehr Interesse.“
Der Trainer-Routinier weiß, dass er mit diesen Ideen in der Szene nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt. Selbst vielen jüngeren Sportlern falle es schwer, sich von „alten Formaten zu lösen und etwas Neues zu wagen“. Sein derzeitiger Topathlet Julian Schmid gehört nicht dazu. Der 23-Jährige, der bei der WM in Planica schon zweimal Silber gewonnen hat und am Mittwoch mit dem deutschen Team um Gold kämpfen will, ist offen für Veränderungen: „Biathlon ist zum Beispiel ein Produkt, was sehr funktioniert. Es sind viele Leute in den Stadien und auch am TV versteht es jeder. Warum probieren wir zum Beispiel nicht das Single-Mixed in der Kombination? Oder machen statt des Teamwettbewerb mit vier Startern pro Nation den Teamsprint mit zwei Sportlern? Dann wären sicher mehr Nationen dabei.“
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