Linke fühlt sich gebraucht

Die Linke verliert wohl erneut Stimmen – ganz unzufrieden sind sie in der Partei trotzdem nicht

Von Timm Kühn

Als die erste Wahlprognose im Statthaus Böcklerpark in Berlin-Kreuzberg verkündet wird – hier feiert die Linkspartei ihre Wahlpartei –, bricht erst Geraune los. Mit einem so starken Ergebnis für die CDU hat hier keiner gerechnet.

Dann aber ertönt Applaus: 12,5 oder sogar bis 13 Prozent – es hätte deutlich schlimmer kommen können. Ohrenbetäubend wird das Gejohle, als die Ergebnisse von AfD und FDP verkündet werden. Die AfD schneidet schlechter ab als erwartet – und die FDP fliegt den ersten Prognosen zufolge aus dem Berliner Abgeordnetenhaus.

Auch Klaus Lederer ist sichtlich erleichtert, als er kurz nach der Wahl die Bühne betritt und sich bei seiner Partei für den Wahlkampf bedankt. Trotz all dem Gefeiere: Die Linke verliert in ihrer Hochburg Berlin zum wiederholten Male Stimmen. Diese Entwicklung ist auch mit Lederers Namen verbunden. 2021 wurde er noch als ernst zu nehmender Kandidat für das Rote Rathaus gehandelt. Heute muss Lederer froh sein, dass seine Partei weniger verloren hat als erwartet. Bei den vergangenen Wahlen erhielt Lederers Partei 14,1 Prozent – auch das galt schon als Niederlage.

Das Credo der Partei in den ersten Minuten nach der Wahl lautet: „Die Linke ist wieder da“, wie Parteichef Dietmar Bartsch im RBB verkündet. „Wir haben einen wahnsinnigen Wahlkampf geführt“, lobt auch die Berliner Landesvorsitzende Katina Schubert auf der Bühne ihre Partei. Es seien keine einfachen Zeiten – weder gesellschaftlich noch in der Partei. „Doch dieses Ergebnis zeigt: Wir werden gebraucht in dieser Stadt, wir werden gebraucht in diesem Land“, so Schubert. Lederer sagt: „Die Ausgangsbedingungen konnten schlechter nicht sein, ich bin deshalb nicht unzufrieden.“

Immer wieder heißt es auf der Wahlparty, bei einer Wiederholungswahl gewinne die Opposition meist mehr als die amtierenden Parteien. In den Wochen vor der Wahl wären nur die Spitzenkandidaten von Grünen, SPD und CDU im öffentlichen Fokus gewesen. Zudem nagt die Partei mit den Grabenkämpfen, die sie auf Bundesebene mit dem linkskonservativen Flügel um Sarah Wagenknecht führt.

Wie schon 2021 hatte die Partei die Wahl zur „Mietenwahl“ und den Kampf gegen den Ausverkauf der Stadt zum eigenen Markenkern erklärt. Für sich in Anspruch nehmen konnten die Linken dabei, einziger Garant für die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids zur Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne zu sein.