Zwei Diplomaten müssen gehen

Nach dem Todesurteil gegen einen Deutschen weist Berlin zwei Iraner aus. Opposition fordert mehr

Von Tobias Schulze

Am Dienstag kündigte Annalena Baerbock eine „deutliche Reaktion“ an, am Mittwoch folgte die Umsetzung: Wegen des Todesurteils gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd in Teheran müssen zwei iranische Diplomaten die Bundesrepublik verlassen. Die Außenministerin erklärte sie zu „unerwünschten Personen“. Innerhalb der nächsten Tagen müssen sie ausreisen.

Anlässlich des Urteils habe sie „den Geschäftsträger der iranischen Botschaft einbestellen lassen“, sagte Baerbock in Berlin. „Ihm wurde mitgeteilt, dass wir die massive Verletzung der Rechte eines deutschen Staatsangehörigen nicht akzeptieren.“ Ihre Forderung: Der Widerruf des Urteils und ein „faires und rechtsstaatliches Berufungsverfahren“.

Der in Deutschland aufgewachsene Sharmahd gehörte der Oppositionsgruppe Tondar an, die das System der Islamischen Republik ablehnt und für die Wiedereinführung der Monarchie wirbt. Das Regime behauptet, er sei an Anschlägen beteiligt gewesen. Das Urteil gegen ihn veröffentlichte die iranische Justiz am Dienstag.

Welche iranischen Diplomaten konkret ausgewiesen werden, teilte das Auswärtige Amt nicht mit. Ein Sprecher sagte jedoch, man habe die beiden Personen „so gewählt, dass dem Iran die Tragweite der Reaktion in angemessener Weise deutlich wird“. Gleichzeitig habe der deutsche Botschafter in Teheran im iranischen Außenministerium „deutlich“ gegen das Urteil protestiert.

Allerdings gibt es auch Forderungen nach noch schärferen Maßnahmen: CDU-Chef Friedrich Merz schrieb in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung: „Dieses Urteil darf nicht ohne Folgen bleiben. Dazu gehört auch, den iranischen Botschafter in Berlin des Landes zu verweisen.“

Eine Kundgebung vor dem Kanzleramt in Berlin organisierte am Mittwoch die Organisation Hawar Help in Zusammenarbeit mit der Aktivistin Daniela Sepehri und Sharmahds Tochter Gazelle. Im Aufruf schrieben sie: Werde das Urteil nicht „umgehend aufgehoben“, müsse die Bundesregierung „alle wirtschaftlichen und diplomatischen Beziehungen sofort abbrechen“.

Dass die Bundesregierung einen so weitgehenden Schritt gehen wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Das Auswärtige Amt legt Wert darauf, in Teheran präsent zu bleiben, unter anderem, um deutsche Staatsangehörige weiterhin konsularisch betreuen zu können – auch wenn Iran im Fall Sharmahd den Zugang der Botschaft zum Verurteilten verhindert.

Auch die Ausweisung des iranischen Botschafters wäre eine Überraschung, da erfahrungsgemäß die iranische Regierung spiegelbildlich mit dem Rausschmiss des deutschen Botschafters reagieren würde. Schon neue EU-Sanktionen gegen Regimeangehörige konterte Teheran am Montag mit Einreisesperren gegen europäische Politiker, darunter auch Bundestagsabgeordnete.

Vorstellbar ist eher, dass das Auswärtige Amt schrittweise weitere iranische Botschaftsangehörige ausweist, falls ein Berufungsgericht das Urteil gegen Sharmahd bestätigt oder falls das Regime ihn tatsächlich ermordet. Ähnlich hielt man es schon anlässlich des sogenannten Tiergarten-Mords gegenüber Russland: Schon während des Ermittlungsverfahrens mussten zwei Botschaftsangehörige gehen, nach dem Urteil gegen den russischen Auftragsmörder zwei weitere. Russland reagierte damals mit der Ausweisung von je zwei deutschen Diplomaten.