Gewachsenes Vertrauen

Vor der Nordischen Ski-WM rechnen sich die Skilangläuferinnen Katharina Hennig und Victoria Carl viel aus. Nach dem Olympiasieg sind sie noch stärker

Mehr Leichtigkeit: die Olympiasiegerinnen Hennig (l.) und Carl in Peking Foto: Foto:imago

Von Lars Becker

Auf den ersten Blick hat sich nach dem sensationellen Olympiasieg für die Skilangläuferinnen Katharina Hennig und Victoria Carl nicht viel geändert. Die Sponsoren sind größtenteils noch die gleichen. „Wer mich in schlechteren Zeiten unterstützt, bekommt das in guten Zeiten doppelt zurück“, sagt die Thüringerin Carl. Auch der große Ansturm der Fans ist ausgeblieben, obwohl Hennig berichtet, dass sie vor allem in ihrer sächsischen Heimat „häufiger erkannt wird“.

Dennoch hat sich seit dem Teamsprint-Olympiasieg von Peking viel getan. „Für den Kopf hat sich wahnsinnig viel geändert“, sagt Carl vor ihrem ersten Start bei der Nordischen Ski-WM von Planica am Donnerstag im Sprint: „Ich weiß jetzt, dass ich es kann. Ich bin mir sicher, dass ich nicht falsch abgebogen und auf dem richtigen Weg bin.“ Genau das – in Kombination mit dem spürbar gewachsenen Respekt der Top-Skilanglauf-Nationen der Welt – gibt ihr großes Selbstvertrauen. Und damit genau das, woran es dem großen Loipen-Talent früher oft gemangelt hat.

„Victoria hat noch einmal einen Schritt nach vorn gemacht. Auch taktisch“, lobt Bundestrainer Peter Schlickenrieder. Die Arbeit des neuen schwedischen Damentrainers Per Nilsson hat ebenfalls zur Leistungssteigerung beigetragen, wie Carl verrät: „Er hat neue Reize im Training gesetzt und auch in Sachen Technik mit uns gearbeitet. Per verlangt von uns, dass wir in jedem Training 100 Prozent fokussiert sind. Und er ist sehr ausgeglichen – alle im Team fühlen sich wohl und gleich behandelt.“

Das sieht man am Erfolg des gesamten Frauenteams. Katharina Hennig hat ihren ersten Einzel-Weltcupsieg gefeiert und sich im Weltcup trotz Krankheitspausen unter den Besten festgesetzt. „Mein großer Traum ist es, einmal eine Einzelmedaille bei einem Großereignis zu gewinnen“, sagt sie vor der WM, wo sie besonders im Skiathlon am Samstag und im abschließenden 30-km-Rennen ums Podest mitkämpfen will.

Auch Victoria Carl ist in diesem Winter schon sechsmal bei Weltcup-Einzelrennen unter die Top Ten gelaufen, bei der WM-Generalprobe in Toblach war sie als Siebte und Achte sogar in Sichtweite der Podestplätze. Die Thüringerin ist trotzdem realistisch genug, (noch) nicht von der ersten Einzelmedaille bei einem Groß­ereignis zu träumen.

Sie strebt Edelmetall in der Staffel an, wo es vor einem Jahr überraschend Olympia-Silber gab: „Im letzten Jahr haben wir noch gesagt: Wenn alles gut läuft, wollen wir eine Staffelmedaille. Diesmal ist das Podest das klare Ziel“, sagt Olympiasiegerin Carl. Vor dem Staffelrennen am 2. März, bei dem Familie und Freunde vor Ort sein werden, will sich Carl im Sprint am Donnerstag zum Aufgalopp und im 10-km-Freistil-Rennen am 28. Februar („Mein persönliches WM-Highlight im Einzel“) den nötigen Rückenwind holen.

Und dann ist da ja noch der Teamsprint am Sonntag – also genau die Disziplin, in der Schlussläuferin Victoria Carl mit unglaublichen Armeinsatz auf der Zielgerade die olympische Goldmedaille sicherte. Sie ist eine Top-Kandidatin für einen WM-Start im deutschen Zweierteam, zumal der Wettbewerb in der von ihr geliebten Freistiltechnik ausgetragen wird.

Hennig hat mittlerweile ihren ersten Einzel-Weltcupsieg gefeiert

Fest steht allerdings schon jetzt, dass das olympische Goldteam gesprengt ist, denn Klassikspezialistin Katharina Hennig wird diesen Wettbewerb auch wegen des einen Tag zuvor stattfindenden Skiathlons auslassen. „Dass das Goldteam nicht an den Start geht, ist vielleicht ganz gut so. Dann sind die Erwartungen nicht so hoch“, findet Carl: „Aber wenn ich an den Start gehen darf, wollen wir definitiv um eine Medaille mitkämpfen. Was in Teamevents möglich ist, haben wir ja bei Olympia gesehen.“

Der einstmals angedachte Wechsel zum Biathlon hat sich für Victoria Carl erledigt: „Ich bin ja nicht mehr die Jüngste.“ Außerdem wirkt die Olympiasiegerin nach vielen Jahren des Zweifelns glücklich in ihrem Sport. Genau wie Katharina Hennig: „Ich lebe meine große Leidenschaft – und mit Erfolgen macht das natürlich noch viel mehr Spaß.“