Generation 70

Ralf Tekaat in der Städtischen: Blockhaft Gezeichnetes, wadig Haariges und eine geniale Klanginstallation

Bremen taz ■ Claudia Schiffer. Mehmet Scholl. Ralf Tekaat. Alle Jahrgang ’70. Mehr verbindet sie nicht. Aber immerhin. Tekaat hat sich mit seinen populär gewordenen Altersgenossen jetzt künstlerisch vereinigt, Titel: „Malefiz oder die Kunst, einen symmetrischen Körper zu zeichnen“.

Tekaat kann zeichnen. Schließlich hat er die Einzelausstellung in der Städtischen Galerie als Träger des Bremer Kunstförderpreises gewonnen. In die weiße Weite des kahlen Raums setzt er große Bögen dünnen Papiers, gefüllt mit blockhaften Gebilden. Das umfangreichste misst immerhin sechs mal drei Meter vierzehn. Brechende Welle? Fliegender Flaschenöffner? Tekaat selbst nennt sein Werk – inspiriert von Gullivers Reisen – „Fliegende Insel“. Er muss eine Unmenge von Bleistiftminen zwischen B8 bis H9 für sie verzeichnet haben. Der Effekt: Selbst an den tiefschwärzesten Stellen bleibt Struktur erkennbar.

Tekaat erweist sich als überzeugter Antirahmer. Nackt und bloß hängt das Papier an der Wand, lediglich auf einem schmalen Fleck clustern einige verglaste Arbeiten zusammen: „Supermann (schematisch)“, ausgestattet mit so was wie einem Düsenantrieb. Oder das Telefonhörer/BH/Kleiderbügel-Konglomerat. Lauter Erzählansätze, denen die Bilder ihr abstraktes Beharrungsvermögen entgegen setzen. So wie von Tekaat gewünscht.

Im hinteren Raum verspielt er sich – ganz positiv gemeint. Die „Bilder aus der Rezession“ seien eine „vage verschwörungstheoretische Geschichte“. Und Spiegel seiner Ateliersituation: Ein Tengelmann-Bon über 12,68 Euro (der Gnocchivorrat wurde aufgefüllt) hängt neben Kühlschrankskizzen, direkt davor auf dem Boden: Die Klanginstallation. Ein umgedrehter Alutopf, gegen den man gerne treten darf.

Zurück zu Scholl, der Dauerverletzung. Gerade hat er angekündigt, bei der nächsten WM nochmal „den einen oder anderen“ Freistoß zu treten. Tekaat dokumentiert, collagiert – und stellt seine eigene haarige Wade daneben. Auch eine befriedigt vergleichende Leistungskurve: Wenn Sportler durch sind (Mitte 30), fängt mancher Künstler erst an.

Zwischen all’ diesen Bildern, ob blockhaft oder schnipselig, der Raum: Neun silberne Säulen zerteilen ihn der Länge nach, genau auf der Sichtachse, die den Weserdeich mit dem Buntentorsteinweg verbindet – durch Galerie und Schwankhalle hindurch. Es lohnt sich, hierher zu kommen, auch für die Ohren, besonders am 10. Juli: Wenn Tekaats tiefe Stimme per „Künstlergespräch“ die kirchenschiffige Akustik füllt. Henning Bleyl

„Malefiz oder die Kunst, einen symmetrischen Körper zu zeichnen“. Bis 17.7. Eröffnung am heutigen Samstag, 19 Uhr