Verteidiger vorerst nicht ausgewechselt

Trotz Korruption in seinem Haus bleibt der ukrainische Verteidigungsminister im Amt

Von Barbara Oertel

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow bleibt vorerst auf seinem Posten – zumindest noch bis zum Ende dieser Woche. Das berichtete das ukrainische Nachrichtenportal Zerkalo nedeli und berief sich dabei auf den Chef der Fraktion „Diener des Volkes“, David Arachamija. Dieser kündigte auf seinem Telegram-Kanal eine Neubesetzung für die Posten des Innenministers sowie des ukrainischen Geheimdienstes SBU an.

Ebenjener David Arachamija hatte am Sonntag die Nachricht verbreitet, auf Beschluss seiner Fraktion sei Resnikow abgesetzt worden und solle nun Minister für strategische Industriezweige werden. Die ukrainische Webseite focus.ua zitiert ihn mit den Worten, dass der Krieg nun mal die Kaderpolitik diktiere. Als Resnikows Nachfolger im Verteidigungsministerium war Kirill Budanow, derzeit Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes (GUR), genannt worden.

Offensichtlich war Arachamijas Vorstoß, den sowohl ukrainische als auch ausländische Medien sofort verbreitet hatten, etwas voreilig. Seine Fraktionskollegin und Vizevorsitzende des parlamentarischen Ausschusses für Sicherheit, Verteidigung und Geheimdienste, Marjana Besuglaja, schrieb auf ihrer Facebook-Seite, Resnikows vorläufiger Verbleib im Amt hänge mit dem nächsten Nato-Treffen im Ramstein zusammen, das für den 14. Februar geplant ist. Aber auch eine Formalie steht dem Wechsel zu dem potenziellen Nachfolger Kirill Budanow im Weg. Laut geltender Gesetzeslage darf kein aktiver Militär zum Verteidigungsminister ernannt werden. Der Abgeordnete der Partei „Golos“ (Stimme), Jaroslaw Schelesnjak, merkte spöttisch an, dass die Beteiligten jetzt offensichtlich das gesamte Gesetz über die Ernennung des Verteidigungsministers gelesen hätten. „Wenn wir ein Buch über unseren Sieg schreiben werden, sollte dieser Teil außen vor bleiben, damit wir uns vor den nachfolgenden Generationen nicht schämen müssen“, zitiert focus.ua Schelesnjak.

Der 56-jährige Resnikow, studierter Jurist und seit November 2021 im Amt, war in den vergangenen zwei Wochen nach einer Reihe von Affären um Korruption und Geldverschwendung in seinem Ministerium stark unter Druck geraten. Dabei war es vor allem um den Einkauf von Lebensmitteln für die Armee zu überteuerten Preisen gegangen.

„Jetzt die Pferde austauschen? Davon profitiert nur der Feind“

Medienkommentar auf „focus.ua“

Bei einer Pressekonferenz am Sonntag kündigte Resnikow vor Jour­na­lis­t*in­nen an, Reformen des Beschaffungswesens in dieser Woche in Angriff nehmen zu wollen. Im Übrigen habe er sich nichts vorzuwerfen. Seinen Posten einfach so zu räumen, damit werde er sich nicht abfinden, sagte Resnikow. Die Entscheidung, ihn abzurufen, treffe einzig und allein der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski – und das in Übereinstimmung mit der Verfassung.

Über den Sinn oder Unsinn, die Spitze des Verteidigungsministeriums auszutauschen, philosophierten am Montag auch ukrainische Medien. „Wer soll Korruption eigentlich bekämpfen – der erste Chef oder spezielle Dienste, die dafür Gehälter bekommen? Wenn es Mäuse im Haus gibt, muss man gegen die Mäuse oder die Besitzer des Hauses vorgehen?“, heißt es in einem Kommentar von focus.ua. Und: „Jetzt, im entscheidenden Moment an der Front, könnten wir uns in der Situation wiederfinden, Pferde an der Kreuzung gleichzeitig im Militärgeheimdienst und im Verteidigungsministerium auszutauschen. Davon profitiert nur der Feind.“