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Der passende Begleiter

Von Hunden, die glücklich machen, kann man schöne Fantasien entwickeln zu den Bildern von Josip Novosel in der Galerie Noah Klink

Von Jan Feddersen

Josip Novosel ist ein Künstler, der, in Kroatien geboren und in München aufgewachsen, sich während seines Studiums der Fotografie in Wien früh entschlossen haben muss, es nicht allein bei der Lichtbildnerei zu belassen. In der Galerie Noah Klink, gelegen im einst ultrahippen Kiez rund um die Yorck­straße, sind nun Bilder aus dem jüngsten Schaffen Novosels zu sehen: Männer mit ihren ­Hunden beziehungsweise schwule Männer mit ihren Hunden.

Novosel, bei der Vorbesichtigung schon morgens zugegen, erläutert seine meist großflächigen, teilweise grellfarbigen Bilder. Es seien Männer, wie er sie in seiner Hood antraf, dem legendären Viertel rund um den Nollendorfplatz, die für sich einen Hund als nichteheliches Gegenüber anschafften, ihn mit durchs Leben führten, vielleicht sogar aus Gründen, so mutmaßt er, „männlichen Machtstrebens“. Hunde, so sagt Novosel, seien die idealen Begleiter homosexueller Männer, die auf Ehe für alle oder für andere heteronormative Framings keine Lust verspüren, sondern lieber ein Leben ohne „Beziehung“, also engere Partnerschaft, führen.

Novosel, ein freundlicher Mann, der in Wien schon wusste, „ich muss nach Berlin“ und damit nicht ganz untypisch ist für die Crowd der Künstler und Künstlerinnen, die in ihren Biografien Berlin inzwischen so gern verzeichnet sehen wie früher ihre künstlerischen Vorfahren New York, Paris oder London: A place to be. Der Maler, der die Fotografie erlernte mit akademischem Abschluss, hat sich also vorgenommen, das Sujet des „Hundes“ als Begleiter des männlichen Menschen anschaulich auf die Leinwand zu bringen. Da sieht man einen Jogger mit markant haarigen Beinen, den ein Hund begleitet. Gleich am Eingang sieht man ein Cabrio, dessen gleißende Scheinwerfer in den Blick springen, neben dem Fahrer ein Hund, cool in der Pose, wartend offenbar auf weitere Eindrücke während der Fahrt.

„The Good Boi“ heißt seine Ausstellung, ein guter Junge, durch einen Buchstaben leicht im formulierten Selbstbild verfremdet. Man sieht, so Novosel, vor allem viele Mischlinge, solche viel mehr als, wie es in der Hundelehre genannt wird, reinrassige Hunde. Einen Mops etwa. Die Männer, die der Maler ohne konkrete Vorbilder, etwa konkret existierende Freunde, zur Abbildung brachte, sind allesamt im nicht mehr jugendlichen Alter, eher so, das sagt er selbst, „zwischen 30 und 50“, also erwachsene Menschen, die die ersten Stürme hinter sich haben, weitere dieser Stürme wünschen, aber allmählich an Sesshaftwerdung denken, an Ruhe und Sortiertheit, zu der, so der Maler, gewiss auch „Autos“, „Wohnungen“ und „schicke Interieurs“ zählen – und mehr und mehr, eben, Hunde.

„Schwule wollen nicht schwul sein“, sagt er, sie seien „spießig“ in ihrer Eingerichtetheit, sie sind „good boys“, „so lieb und verspielt wie ein Schäferhund“. Sei’s drum, ist natürlich respektabel, sich die schwule Nollendorfcrowd als sediert und desinteressiert an den großen Fragen der Heteronormativität vorzustellen. Indes: Was vielleicht fehlt, ist nicht der nichthomosexuelle Aspekt. Also die Blindheit gegenüber Hundehalter*innen, die dem homosexuellen Begehren in den ersten Ermüdungsphasen des Lebens nicht anhängen, aber doch nicht weniger Hundeliebende sind.

Wer kein Herz hat, wird nie verstehen, warum Hun­de­eltern(teile) mit ihren Pfiffis & Flockis traut reden, wie ein lang gekanntes und immer noch geliebtes Gespons. Was aber vielleicht zwar nicht fehlt – Künstlertum ist ja keine Wunschlotterie, die von außen bestimmt werden kann –, aber doch ein wenig vermisst werden kann, wäre so etwas wie Humor. Hunde sind doch die besseren Kinder, jeder und jede weiß das. Und Hunde in Ehen, auch homosexuell gehaltenen, sind doch die Liebesobjekte, die Glutherde der sogenannten Triangulierung: Man redet zu zweit über ein innig geherztes Haustierwesen, meint aber in allem sich und den beziehungsweise die an­de­re*n immer mit.

Vielleicht war Novosel in einer etwas melancholischen Stimmung, als er zu seinen schönen, wirklich deutlich kolorierten (dieses sattwarme Sonnengelb: sehr schnörkellos intensiv) Bildern nicht in eine Atmosphäre der liebenden Gelassenheit gelangte: Hunde können doch nichts dafür, dass ohne sie ein Leben weniger unterhaltsam wäre, einsamer und langweiliger. Mit anderen Worten: Unmittelbar fantasiert man beim Blick auf all diese Bilder, wie es wäre, erführen diese Hunde, wie glücklich sie ihre Halter, auch die homosexuellen, machen können. Hin und wieder sieht man dies auch in sonniger Bilderaura.

The Good Boi. Josip Novosel. Galerie Noah Klink, Eröffnung 17. Februar, bis 26. März, Do. bis So., 18 bis 22 Uhr, Kulmer Straße 17, 10783 Berlin

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