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Teil des Na­mens fehlt auf dem Straßen­schild

Eine Gedenkveranstaltung erinnert am Donnerstag an Mildred Fish-Harnack. Sie wurde vor 80 Jahren in Plötzensee hingerichtet

Von Peter Nowak

Lange Zeit wurden sie in Westdeutschland als Spione für die Sowjetunion geschmäht und in der DDR zu kommunistischen Hel­d*in­nen verklärt. In den letzten Jahren gab es eine differenziertere Auseinandersetzung mit der antifaschistischen Widerstandsgruppe Rote Kapelle und deren Mitgliedern. Zu ihnen gehört Mildred Fish-Harnack, die am 16. Februar 1943 in Plötzensee hingerichtet wurde. 80 Jahre später erinnert der VVN-Bund der An­ti­fa­schis­t*in­nen gemeinsam mit zwei Stadtteilgruppen aus Friedrichshain mit einer Gedenkveranstaltung an die Frau. Sie beginnt am Donnerstag um 17.30 Uhr an der Mildred-Harnack-Straße in Friedrichshain. Sie bekam diesen Namen, weil neue Straßen in Berlin vornehmlich nach Frauen benannt werden sollen, die eine besondere Erinnerung verdienen.

Das trifft auf Mildred Harnack zweifellos zu. Doch sehr gründlich scheint man sich mit ihrer Biografie nicht befasst zu haben. Unter dem Namensschild finden sich nur Geburts- und Todesjahr und der Hinweis „Widerstandskämpferin“. Es fehlt aber jede Information darüber, dass sie gegen das Naziregime Widerstand geleistet hat und in welchen Zusammenhängen sie organisiert war.

„Es wird auch nicht deutlich, dass Mildred Fish-Harnack schon in den USA in feministischen Zusammenhängen aktiv war und bewusst ihren Geburtsnamen Fish nicht abgelegt hat. Trotzdem wird der auf dem Straßenschild einfach weggelassen“, kritisiert Carola Schmitz von der Stadtteilgruppe „Wir bleiben alle Friedrichshain“, die die Gedenkkundgebung mit vorbereitet. Eine Rednerin der VVN-BdA wird dort auf die bedeutende Rolle von Frauen in der Roten Kapelle eingehen.

Auf der Kundgebung wird auch Rebecca Donner, die Urgroßnichte von Mildred Fish-Harnack, sprechen. Kürzlich wurde die von ihr verfasste Biografie ihrer Urgroßtante unter dem Titel „Mildred“ in deutscher Sprache im Kanon-Verlag veröffentlicht. In ihrem Heimatort wird die Erinnerung an die Antifaschistin an ihren Geburtstag lebendig gehalten. „Seit 30 Jahren wird in den Schulen in Wisconsin (USA) am 16. September der Fish-Harnack-Day gefeiert“, schreibt die Publizistin Sabine Lueken.

In Berlin mussten die Stolpersteine für die Harnacks an deren letzter Wohnadresse in der Genthiner Straße 14 im Wedding 2021 erneut verlegt werden. Sie waren 2019 gestohlen und der Hauseingang mit Hakenkreuz und Naziparolen beschmiert worden.

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