Bernhard Stoevesandt, Umweltaktivist
: Der Misstrauische

Physiker an der Universität Oldenburg. Engagiert sich seit 20 Jahren für Umweltfragen und soziale Themen.

Foto: Privat

Wenn Bernhard Stoevesandt an den heutigen Politikbetrieb denkt, fällt ihm nicht viel Gutes ein. Beeinflusst von Konzernen seien die Parteien, nicht ehrlich gegenüber den Bürgern und taktierend, wenn es um den Machterhalt ginge. Nach kurzen eigenen Erfahrungen in der Politik wurde er misstrauisch. Der 39-jährige Physiker beschloss, dass sein gesellschaftliches Engagement anders aussehen sollte.

Erst arbeitete er beim BUND mit und protestierte gegen den Bau einer Hauptstraße vor seiner Schule. Später gründete er seine eigene, unabhängige Protestgruppe, die er feliz-plenum nannte. Das Bündnis „Für eine Linke Zusammenkunft“ sieht sich als eine Gruppe Mutiger, die gegen die Missstände in der Republik aufsteht. Zugegeben, große Proteste ließen sich so nicht organisieren, sagt Stoevesandt. Es gehe ihm ja auch eher um ein langfristiges Signal. Umwelt, Menschenrechte, Innenpolitik und soziale Themen: Das müsse man mittlerweile zusammendenken. „Was bringt mir zum Beispiel eine Demo, wenn die Versammlungsfreiheit eingeschränkt ist?“

Morgen in Berlin will Stoevesandt wieder auf die Straße gehen. Er nimmt mit rund 200 anderen Demonstranten aus Bremen an der Anti-Atom-Demo teil, zu der zehntausende Protestierende aus ganz Deutschland erwartet werden. Ihm geht es darum, Druck für die Zeit nach der Wahl zu machen. Die Demonstranten wollen ein Gegengewicht zu den Energielobbyisten sein, die Einfluss auf die Regierung nähmen.

Die Zukunft des Atomausstiegs sieht der Physiker, der gerade an seiner Promotion zum Thema Windkraft schreibt, skeptisch: „Es ist egal welche Farbkombination bei der Wahl rauskommt. Der Ausstieg steht auf wackeligen Füßen.“ Es seien vor allem die alten Strukturen in Wissenschaft und Politik, die neue Wege in der Energieversorgung blockierten. Dabei könne man die Entwicklungen in der Wissenschaft leicht mit Umweltschutz vereinen. „Die Theorie ist weit genug, jetzt braucht es nur noch jemanden, der sie in die Praxis umsetzt“, sagt er.

Bis es soweit ist, bleibt Stoevesandt misstrauisch, beim Thema Atomausstieg und generell. Das geht soweit, dass er nicht einmal ein Handy besitzen will: aus Angst davor, ständig überwacht zu werden. Für ihn scheint das eine reale Gefahr zu sein: „Wir müssen uns für die Freiheiten, die wir noch haben, offensiv einsetzen“, sagt er. Denn seine technischen Möglichkeiten schöpfe der Staat immer aus. CP