„Unzählige Straßen werden gesperrt“

Von wegen überholt: Der autofreie Sonntag findet mehr Teilnehmer denn je, sagt der Mitorganisator Oliver Stoll. Zum 25. Aktionstag werden eine Million Radfahrer, Skater und Spaziergänger erwartet. Ihr Ziel: „Eine echte Wende der Verkehrspolitik“

Interview BEATE WILLMS

taz: Die Initiative Mobil ohne Auto (MoA) ruft für Sonntag zum 25. Mal zu einem bundesweiten autofreien Tag auf. Kommt überhaupt jemand?

Oliver Stoll: Natürlich. Wir rechnen sogar mit einer deutlichen Steigerung gegenüber dem letzten Jahr, als wir rund 500.000 Teilnehmer hatten. So weit das jetzt schon zu überblicken ist, werden wir nah an die Millionengrenze ran kommen: die größte verkehrspolitische Aktion der Bundesrepublik.

Bei 45 Millionen angemeldeten Pkws wird das die Straßen nicht leeren. Also bekommt die Öffentlichkeit vermutlich gar nichts davon mit.

Veränderung fängt klein an. Viele Aktionen finden in Problemregionen statt, in denen der Autoverkehr die Menschen durch Lärm oder Schadstoffe besonders beeinträchtigt. Dort zeigen die Teilnehmer, wie neue fortschrittliche Mobilität aussieht: Fahrrad fahren, Skaten, attraktiver Nahverkehr. Allein in Baden-Württemberg haben wir bislang 90 gemeldete Aktionen, Teuto ohne Auto meldet 51 Aktionen, bundesweit sind es weit über 250 Aktionen. Kaum zählbar, wie viele Straßen gesperrt werden.

Aber zu einer Massenbewegung ist die Initiative Mobil ohne Auto noch nicht geworden. Woran hapert’s?

Das ist sicher eine Frage der Einflussmöglichkeiten der Autoindustrie. Was uns betrifft, so hat das dezentrale Konzept auch Lücken der Vernetzung. Insgesamt können wir uns nicht über Zuspruch beschweren.

Es sind vor allem die Regionalzeitungen, die berichten. Bundesweit hatten Sie schon mal mehr Aufmerksamkeit.

Wir sind regional! Es hat aber vor allem mit den derzeitigen politischen Verhältnissen zu tun. Offenbar werden die Positionen, für die die Menschen auf die Straße gehen, in der Politik und Wirtschaft am liebsten überhört, weil es den Interessen der Auto- und Ölfirmen widerspricht.

Was haben Sie nach 25 Jahren erreicht?

MoA hat schlechte Entwicklungen verhindert. Die Menschen spüren, dass es mit der automobilen weltweiten Versiegelung, dem Rohstoffverbrauch und den Flug- und Autoabgasen so nicht weitergeht. Sie setzen sich millionenfach für eine Umkehr und Neuorientierung ein.

Welche Forderungen verbinden Sie mit dem Aktionstag?

MoA setzt sich für einen grundlegenden Wandel in der Verkehrspolitik und im Verhalten der Menschen ein und zeigt Alternativen zur krank machenden Automobilität. Die Bürger fordern einen Vorrang des Gehens und des Radfahrens vor dem Auto, den Ausbau eines flächendeckenden Nahverkehrsverbundes gerade auf der Schiene, eine Mobilitätskarte von Haustür zu Haustür, klare Tempolimits, Abbau der Begünstigungen für Auto, Lkw und Flug. 2005 betonen wir: Autofreie Mobilität macht Spaß und fördert Gesundheit.