Soziales im Test

Bisher prüft Stiftung Warentest, wie gut ein Produkt funktioniert. Jetzt will sie auch auf die Herstellung achten

BERLIN taz ■ Die Stiftung Warentest will bei ihren Produktbeurteilungen künftig stärker auf soziale und ökologische Fragen achten. Kinderarbeit, Verbot von Gewerkschaften, Einsatz von giftigen Chemikalien – all das soll künftig mit getestet werden. In den kommenden Monaten will man anhand dieser Kriterien zum Beispiel Kinderspielzeug, Tiefkühl-Shrimps und – anlässlich der WM 2006 in Deutschland – auch Fußbälle prüfen.

Insgesamt hat die Stiftung im vergangenen Jahr knapp 400 Waren und Dienstleistungen getestet. Dabei wurde auf die soziale und ökologisch korrekte Herstellung von Produkten bislang nur in Einzelfällen geachtet. Etwa bei Jacken und Lachs. Das aber sei „durchaus positiv“ verlaufen, so der Vorstandsvorsitzende Dr. Werner Brinkmann.

Deshalb nun also mehr. Problem Nummer eins aber: Der Aufwand für die soziale und ökologische Beurteilung ist enorm. Der Test, so erklärte Brinkmann, werde in der Regel gleich doppelt so teuer. Problem Nummer zwei: Nicht alle Firmen sind kooperativ. Das hat die Stiftung bei den ersten Pilotprojekten bereits feststellen müssen.

Während Karstadt, Vaude und Patagonia beim Jackentest Daten lieferten, verweigerten Lafuma und Jack Wolfskin die Zusammenarbeit. Dieselbe Erfahrung machten die Tester beim Lachs. Eine Reihe von norwegischen Anbietern erklärten bereitwillig, dass sie darauf achten, welche Futtermittel oder Schadstoffe sie verwenden. Die Angaben, so erklärt Projektleiter Holger Brackemann, prüfen Zertifizierungsinstitute, Nichtregierungsorganisationen und bald auch Gewerkschaften. Bei Discountern wie Aldi oder Lidl gab es dagegen nichts zu prüfen. Sie mauerten.

Noch fassen die Tester das soziale und ökologische Engagement nicht in einer Gesamtnote zusammen. Hat sich der Verbraucher beim Qualitätsurteil an „sehr gut“, „gut“ oder „ausreichend“ gewöhnt, muss er sich bei der „Corporate social responsibility“ durch längere Tabellen arbeiten. Pressesprecherin Heike van Laak begründet das so: Man wolle Unternehmen mit schlechten Ergebnissen nicht „an den Pranger stellen“. Es gehe vielmehr darum, diejenigen zu fördern, die nicht nur den reinen Gewinn anstreben. Und doch hofft van Laak, dass die neue Testform zumindest das Image der unsensiblen Hersteller ein wenig ankratzt, so dass diese das „erkennen und nachziehen“.

Bleibt die Frage, wie viele Verbraucher geneigt sind, diese Kriterien tatsächlich beim Kauf zu berücksichtigen. Leicht abzuschätzen ist das nicht. Die Ausgabe mit den Jackentests verkaufte sich nicht auffallend besser als andere. Jedoch gab es eine Menge Leserbriefe.

SEBASTIAN SEIFFERT