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: „Tierische Laute klingen in jeder Sprache ein wenig anders“

Das digitale Audioprojekt „Die Sprachmusikanten“ fragt bei der analogen Premiere in Bremen, wie der Hahn auf Twi kräht

Interview Nina Spannuth

taz: Frau Rojas Loa, was ist Twi?

Valentina Rojas Loa: Twi ist eine Sprache und wird vor allem in Nordwestafrika gesprochen. In Bremen leben viele Einwanderer aus Ghana, deren Muttersprache Twi ist.

Und wie kräht der Hahn auf Twi?

Wir wissen es nicht genau. Es geht in die Richtung „Cock-a-doodle-doooooo“. Tierische Laute zu reproduzieren ist schwierig. Sie sind oft nicht verschriftlicht. In jeder Sprache klingen sie ein wenig anders. Der universellste ist das „Miau“ der Katze.

Und die treten bei den Bremer Sprachmusikanten auf?

Die Bremer Sprachmusikanten sind ein Projekt des virtuellen Literaturhauses Bremen. Hintergrund ist die Bewerbung der Stadt auf den Titel „City of Literature“. Die Idee war: In Bremen werden neben Deutsch mehr als 70 verschiedene Sprachen gesprochen. In manchen Ortsteilen ist die Muttersprache von 80 Prozent der Schü­le­r:in­nen nicht Deutsch und circa 38 Prozent der Ein­woh­ne­r:in­nen Bremens haben Wurzeln im Ausland. Wir feiern diese Vielfalt der Sprachen mit dem Projekt. Sie ist eine sehr große Bereicherung für die Stadt, auch auf dem Feld der Literatur. Literatur bedeutet ja nicht nur deutsche Großveranstaltungen wie den Bremer Literaturpreis: Sie hat auch in den Kinderzimmern und Küchen der Stadt Platz, in denen Menschen Geschichten in unterschiedlichen Sprachen erzählen.

… wie die von den Stadtmusikanten?

Foto: A. Cruz

Valentina Rojas Loa

44, Sprach- und Literaturwissenschaftlerin, stammt aus Mexiko und leitet das Sprach­musikanten-Projekt.

Die Geschichte passt hervorragend. Jedes Tier spricht seine eigene Sprache, aber sie verständigen sich über die universelle Sprache der Musik und finden dadurch eine neue Art der Kommunikation. Sie ist eine Hommage an sozialen Zusammenhalt, Solidarität, Freiheit und an Neuanfänge. Das sind Werte, die niemals an Bedeutung verlieren.

Aber was konkret sind dann die Sprachmusikanten?

Das ist eine Reihe von Hörspielen, von denen die meisten auf den verschiedenen Übersetzungen der Märchen-Version von Janosch basieren, erschienen in der Edition Temmen.

In welchen Sprachen ist es zu hören?

Wir haben natürlich Hochdeutsch in leichter Sprache, Plattdeutsch und deutsche Gebärdensprache ausgewählt. Platt ist die einheimische Sprache Bremens. Die Gebärdensprache ist wichtig in der deutschsprachigen Landschaft der Stadt. Außerdem haben wir Sprachen wie Englisch, Französisch und Spanisch dabei, die oft als zweite Sprache eine Rolle spielen. Dann haben wir eine Mischung aus repräsentativen Sprachen gemacht: Türkisch, Arabisch, Kurdisch, Polnisch, Bulgarisch, Koreanisch, Italienisch, Twi und Ukrainisch.

„Wie kräht der Hahn auf Twi?“ Lesung mit Promi (Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald) und Musik (Die Zollhausboys), Zentralbibliothek Bremen, 9. 2., 19 Uhr

Zusätzlich soll es möglich sein, das Märchen noch in der eigenen Sprache aufzuzeichnen …?

Genau! Es gibt mehr als 6.000 Sprachen auf der Welt. Und in Bremen werden viele davon gesprochen. Wir konnten natürlich nicht alle Sprachen selbst produzieren. Uns war es aber wichtig, niemanden auszuschließen: Die 15 Sprachen sollen unbedingt reicher werden, von daher freuen wir uns über Zusendungen! Man kann dafür die eigene Lieblingsversion des Märchens auswählen. Die kann aufgenommen und an uns geschickt werden. Wir prüfen sie dann und laden sie hoch.

Was versprechen Sie sich von dem Projekt?

Wir möchten deutlich machen: Bremen ist eine weltoffene Stadt! Die Welt ist hier zu Hause!