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wortwechselOh, wie schön ist … Panama? Nein! Bali!

Zwei Ak­ti­vis­t:in­nen der Letzten Generation sind nicht vor Gericht erschienen, lieber in den Bali-Urlaub geflogen. Die taz veröffentlichte eine Stellungnahme der beiden „Übeltäter“

Jimbaran, Bali. Taxi zum Ngurah Rai International Airport: 20 Minuten   Foto: Westend61/imago

„„Der Rückflug in die Türkei wird der letzte unseres Lebens“. Bali-Debatte um die Letzte Generation“, taz vom 3. 2. 23

Reise mit Gegenwind

„Verwöhnt, verlogen, radikal! So sind die Klima-Kleber“, schrieb die Bild. Das mag mit ein Grund für den umgehenden Antwortbrief von Luisa und Yannick in der taz gewesen sein. Darin eine Auflistung von CO2-Äquivalent, Alternativlosigkeit, Non-Stop-Flüge, um energieintensive Starts zu vermeiden, zurück nur bis in die Türkei fliegen, weil man von dort problemlos ohne Flugzeug zurückkommt … Mir kommt das alles vor wie ein Reinwaschen des schlechten Gewissens. Aber dann: „Klimaaktivisten/innen sollten nicht in eine besondere Pflicht genommen werden, sondern jede/r nach menschs Möglichkeiten.“ Ja, genau! Das gilt eben dann auch für die vielen Menschen, die einfach nur auf dem Arbeits- oder Nachhauseweg sind und durch Aktionen auf der Autobahn unnötig behindert werden. Auch hier haben sich viele Gedanken gemacht und die Alternativlosigkeit erkannt: unzuverlässige, marode Bahn, schlechte Verkehrsinfrastruktur und eine mangelhafte Verkehrspolitik.

Warum blockiert ihr nicht die Ausfahrten des Verkehrsministeriums? „Die Aufgaben der Politik“, die ihr in eurem Brief erwähnt, sollten da eingefordert werden, wo die Entscheidungsträger sitzen und es selbst spüren – und nicht beliebige Autofahrer/innen, die schon genug vom Verkehrsstau gestraft sind – das spaltet nur. Hans Bergmann, Aalen

Für den „Elternstaat“?

Wenn ich den Text von Luisa und Yannick richtig verstanden habe, fordern sie den paternalistischen Elternstaat: „Es muss Aufgabe der Politik sein, für das Klima schlechte Entscheidungen zu verhindern.“ Ich nehme an, dass beide alt genug sind, die Konsequenzen ihres Handelns zu überblicken. Die Klimasau rauszukehren, um sich „einen Traum zu erfüllen“, ist menschlich plausibel, nur sollten Klimasäue dann auch konsequent zu ihrer Haltung stehen, statt anklagend auf die Politik zu verweisen, die ihr Verhalten nicht unterbunden hat. Auch Eigentümer von Superyachten, Privatflieger oder Autoposer „erfüllen sich Träume“. Sie verweisen aber eben nicht auf die Politik, sondern stehen relativ stolz zu ihren Schweinereien. Wer ist da wohl erwachsener in der Umsetzung konsequenten Handelns? Andreas Smidderk, Düsseldorf

Allzu viele haben nur auf so etwas gewartet. Was für ein Armutszeugnis es für diese Gesellschaft ist, die Verantwortung für Zustand und Fortgang der Klimadiskussion und damit verbunden der Frage, ob das Land in 100 oder 200 Jahren noch bewohnbar ist, bei ein paar wenigen jugendlichen Aktiven abzuladen.

Ingo Bernable auf taz.de

Die Begründungen der Baliflieger hören sich an wie mein Nachbar, der seinen SUV rechtfertigt. Er wollte eben einmal im Leben so ein Ding haben. Genauso, wie er einmal im Leben noch nach Australien, Japan und in die USA will. Magier auf taz.de

Wer instrumentalisiert?

Hört, hört. Von taz Lesern hätte ich, ehrlich gesagt, nicht so viele moralinsaure Kommentare und etwas mehr kritische Distanz erwartet. Ätzender als die Reise selbst, ist doch was Bild, Merz, AfD und andere Populisten daraus jetzt machen. Die Empörung gehört in die Richtung der fossilen Konzerne geleitet, die hinter ihrer Greenwashing-Fassade nicht aufhören, rücksichtslos die Klimakrise zu befeuern. Hessebub auf taz.de

Schön geschrieben, diese Stellungnahme, sowohl inhaltlich als auch stilistisch. So, als ob es ein(e) ausgebildete(r) Journalist(in) geschrieben hätte. Jedenfalls nicht ein durchschnittlicher Abiturient. Könnte es vielleicht sein, dass den Artikel nicht die Reisenden verfasst haben, sondern der/die Pressesprecher(in) der Letzten Generation?

Rainer Mauersberger, Rheinbach

Der große Reisetraum

Luisa und Yannick kleben an einem Reisetraum. Ich dachte, sie hätten einen anderen. Dafür berühmte Bilder mit Kartoffelbrei zu verzieren, ist eine feine Idee. Aber Blockaden, die anderen Leuten ihren nicht immer traumhaft schönen Alltag versauen, sind nun mal mit touristischen Events der Kri­ti­ke­r*in­nen dieses Autoalltags nicht zu vereinbaren. Die Erörterung von Reisealternativen schafft das auch nicht. Hilde von Balluseck, Berlin

Liebe Luisa, lieber Yannick, euer Statement hat mich sehr enttäuscht, da ich bislang annahm, hinter den Aktionen der Letzten Generation stecke mehr Konsequenz. Ich bin Psychotherapeutin, und manche meiner PatientInnen können sich nicht einmal eine Reise an die Ostsee leisten, geschweige denn nach Südostasien. Als KlimaaktivistInnen habt ihr selbstverständlich eine Vorbildfunktion und werdet damit in eine besondere Pflicht genommen, alles andere zu glauben, wäre naiv. Nadine Lichtsinn, Salzgitter-Bad

Keine „Taugenichtse“!

Es ist in meinen Augen fahrlässig und verkehrt, die Letzte Generation zu belächeln und als Taugenichtse oder kriminell zu verurteilen. Diese Generation ist ein Teil von uns, somit hat sie ein Recht darauf, dass sie ihre Sorgen und Nöte erklären darf. Wenn dies erst in Fanatismus umschlägt und sich brandgefährliche Strömungen dazugesellen, ist es zu spät. Früher war Gewalt die Hebamme der Revolution, heute heißt Revolution „Denken-Reden“, bevor gar kein Gespräch mehr möglich ist und diese Generation sich nicht ernst genommen fühlt.

Enrico W. Arndt, Heidelberg

Individualkritik ist auch wichtig! Das ist ja das Problem, dass jede, jeder und jedes für sein Verhalten eine für sich nachvollziehbare Begründung hat. Leider entwickelt sich der soziale Druck in völlig falsche Richtungen: großes Auto, großes Einfamilienhaus mit Wärmepumpe, viele Urlaube, alles mit Ökostrom (irgendjemand anderem weggekauft) oder eben Greenwashing mit CO2 Abgabe.

Hans Kitzerow, Limburg

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