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Landkreise sehen Bund in der Pflicht

Kommunen wollen mit Kanzler Scholz über die Unterbringung von Asylbewerbern sprechen

Der Deutsche Landkreistag beklagt Probleme bei der Unterbringung von Asylbewerbern, ukrainischen Flüchtlingen und Migranten. Der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager (CDU), verlangte ein Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Die Kreise hätten kaum noch Kapazitäten zur Unterbringung der Menschen, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

„Die Leute kommen teilweise in Zelten unter“, berichtete der CDU-Politiker. Es gebe außerdem eine Finanzierungslücke bei den Wohnkosten für anerkannte Flüchtlinge von etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr, die von den Kommunen getragen werden müssen.

Weiter sagte Sager, die Bundesregierung müsse „viel mehr“ tun, um eine gleichmäßigere Verteilung in der Europäischen Union (EU) sowie eine Begrenzung des Zuzugs zu erreichen. Der CDU-Politiker wandte sich jedoch gegen einen Aufnahmestopp. Auch eine Weigerung einzelner Gemeinden, noch mehr Asylbewerber aufzunehmen, sei keine Lösung.

Zuvor hatte in der vergangenen Woche der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg, Tino Schomann (CDU), nach tumultartigen Proteste gegen eine Geflüchtetenunterkunft den Bund in der Pflicht. In der ARD sagte er, sein Landkreis wisse nicht mehr, „wo wir die Menschen lassen können“, und äußerte Verständnis für den Protest gegen die Errichtung eines Containerdorfes für bis zu 400 Menschen in der 1.600 Einwohner zählenden Gemeinde Upahl. Der Bund müsse die Lage der Kommunen erkennen, begrenzen und steuern, die illegale Migration stoppen und „die Abschiebeoffensive endlich starten“. Am Donnerstag waren in Schomanns Landkreis Proteste eskaliert. Anlass war eine Dringlichkeitssitzung des Kreistags in Grevesmühlen, auf der mit knapper Mehrheit die Entscheidung fiel, eine neue Flüchtlingsunterkunft im nahen Upahl einzurichten. Die Polizei musste während der Sitzung Demonstrierende davon abhalten, in den Saal einzudringen. Schon früher am Abend hatten sich an die 700 Demonstrierende zum Protest versammelt. Die Personen kamen überwiegend aus dem bürgerlichen Spektrum, ­erklärt auf taz-Anfrage Jessica Lerke, Pressesprecherin der Polizei. Es seien aber auch Personen aus der rechtsextremen Szene und dem Hooligan-Milieu dabei gewesen. Rony Wolf von der Recherchegruppe Ast wird da deutlicher: „Aus dem Umfeld der rechtsextremen Szene aus Jamel um Sven Krüger kamen viele Akteure.“ Der kleine Ort, in dem fast nur Rechtsextreme wohnen, ist keine 15 Kilometer von Upahl entfernt. Auf der Demonstration, bei der auch Kinder und Jugendliche ­anwesend waren, wurden vor dem Gebäude altbekannte Parolen gerufen wie „Wir sind das Volk!“.

Die Polizei hat mehrere Ermittlungsverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten, Verdachts des schweren Hausfriedensbruchs sowie Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Am 3. Februar ist in Grevesmühlen eine Dialogveranstaltung geplant. (epd, taz)