Fünf Freunde und die unsichtbare Glotze

Die Bremer Jungen Akteure haben eine Schauspiel-Serie gestartet. „Show Up“ soll helfen, das Junge Theater wieder zum Ort der zwanglosen Begegnung zu machen. So wie es das vor Corona war

Serien­konsum, aufgeladen mit der Magie realer Begegnung: Szene aus „Show Up“ Foto: Jörg Landsberg/Theater Bremen

Von Benno Schirrmeister

Sitzen. Und starren. Die Augen der fünf Jungen Akteur*innen, die im Brauhauskeller auf zu einer Sofagarnitur zusammengeschobenen gepolsterten Würfeln sitzen, schauen gebannt gen Publikum. Gekonnt aber vermeiden Ekin Laleci, Tom Schneider, Hannah Gerken, Lilly Lenzschau und Malin Autzen dabei den Eindruck, es zu erreichen: Unsichtbar, inexistent, aber durch die daran festgehefteten Blicke und das von Willy Klose arrangierte bläuliche Flackerlicht unbestreitbar präsent, baut sich dazwischen ein Bildschirm auf; ein imaginärer Fernsehapparat.

Die Sitcom „Show Up – Folge 1“, die im Jungen Theater Bremen am Samstag Uraufführung feierte, stellt das Schauen – man darf's auch Glotzen nennen – ins Zentrum. Es ist die erste Folge der ersten Staffel der allerersten Liveschauspiel-Serie, die in der Regie von Valeska Fuchs und Fabian Eyer derzeit bei den Jungen Akteuren produziert wird.

Das Format wird oft auf seine derzeitige TV-Prägung reduziert, ist aber natürlich theatral per se: Die Diversen Tri-, Tetra- und Sonstwievielogie von Äschylus bis Stockhausen nutzen die Möglichkeit, Bühnenwirklichkeit übern Tag hinaus zu denken, und auf diese Weise Publikum und Dar­stel­le­r*in­nen längerfristig in die eigene Welt zu locken. Es jetzt zu reaktivieren und zu verjüngen, ist die schlaue Antwort des mehrfach ausgezeichneten Jugendclubs des Bremer Theaters auf die krisenhafte Postcorona-Situation.

Denn bis zur Pandemie hatten die Jungen Akteure ihre Räume in einen Treffpunkt verwandelt, auch jenseits der Kurse und Workshops. Es gab im eigenen Jungen Theater die Möglichkeit, sich auf der Open Stage zu erproben, zwanglos, sich auszutauschen – niedrigschwellig, inklusiv und ohne die abturnende Anmutung der bürgerlichen Kunst- und Bildungsübung.

„Aber das ist durch die Pandemiebestimmungen großteils weggefallen“, sagt Fuchs. Und von selbst, das war dem Team klar, würde sich dieser Spirit auch nicht wieder einstellen. Also ging es darum, eine Möglichkeit zu finden, „wie wir nach den diversen Lockdowns wieder in Verbindung treten“, so Fuchs. Die ganze Spielzeit der Jungen Akteure steht unter dem Motto „Unglaublich Nah“. Das Serien-Projekt versucht diese Nähe herzustellen, indem es den hohen Serienkonsum von Jugendlichen als Ausgangspunkt nimmt – und mit der Magie realer Begegnung auflädt.

Die „Show Up“-Abende sind grundsätzlich zweigeteilt: Erst gibt's Theater. Danach spielt eine Band, diesmal „The Cave“, aber bei jeder Folge soll es eine andere sein, „und man kann noch bei einer Limo zusammen abhängen“, sagt Fuchs. Beides ist wichtig.

Serientypisch ist, dass ein Ausblick die Neugier auf die nächste Folge weckt, also, forciert durch einen klassischen Cliffhanger zum Wiederkommen motiviert. Das bedeutet klassischerweise zum Zuschauen, hier aber, im Gegensatz zum fertigen TV-Produkt, ist auch mitgestalten erwünscht: „In Serien können ja in einzelnen Folgen neue Character auftreten und andere aussteigen“, sagt Richter, „das geht bei uns auch“: Selbst bei Folge zwei, die Mitte April gezeigt werden wird, ist noch alles offen, Team, Musik und Plot.

Es gab im eigenen Jungen Theater die Möglichkeit, sich auf der Open Stage zu erproben, zwanglos

Wobei: Es wird weiter um Serien gehen, ums Schauen, Konsumieren und Begegnen. Es wird am Anfang ein „Was bisher geschah“-Resümee geben. Auch dürfte es wieder sehr lustig werden und, obwohl auf kluge Weise selbstreflexiv und metadiskursiv, leicht konsumierbar bleiben: Die Haupthandlung von „Show Up – Folge 1“ besteht jedenfalls darin, dass sich eine Teenie-Clique bei Christina trifft, gespielt von Ekin Laleci, um TV-Serien zu gucken. Und, dass Jeremy, von Tashi Thumann gespielt, neu in der Stadt, dazustößt, obwohl er sich aus Fernsehen gar nichts macht.

„Die Serienabende bei mir sind legendär!“, wird Christina ihn aufklären, in leicht überkandideltem Ton. Und ja doch: Sie haben das Zeug dazu. Und, dass es bis zu Folge zwei fast drei Monate dauern soll, lässt sich nur schwer aushalten. Da bleibt nur, auf ein Binge-Watching-Event im Sommer hoffen. Oder natürlich: sich zum Mitmachen zu melden.

Show up, Theaterserie der Jungen Akteure. Aufführungen der Folge 2: 14.-16. 4, Bremen, Brauhauskeller; Anmeldung zum Mitspielen unter ja@theaterbremen.de