Gaza-Häuser werden Opfer des Abzugs

Die US-Außenministerin besucht Ramallah und Jerusalem. Sie gibt eine Einigung über den Abriss der Häuser in den jüdischen Siedlungen bekannt. In der Frage des Friedensplans legt sie sich nicht fest. Morgen treffen sich Scharon und Abbas

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Israel und die Palästinenser haben sich darauf geeinigt, die Häuser der jüdischen Siedler im Gaza-Streifen nach dem israelischen Abzug abzureißen. Diese überraschende Annäherung beider Konfliktparteien ist Ergebnis des Besuchs von US-Außenministerin Condoleezza Rice. Offen blieb nach ihren Gesprächen in Ramallah und Jerusalem die Frage nach einer Straßenverbindung zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland. Ebenso unklar sind weitere politische Maßnahmen nach dem Abzug.

„Ich mag keine Zeitpläne“, meinte die US-Außenministerin. Wichtig sei es, „heute zu agieren“. Momentan stehe der Abzug aus dem Gaza-Streifen an, danach werde man sich der Umsetzung des internationalen Friedensplans „Roadmap“ widmen, „dem beide Parteien weiter verpflichtet sind“. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon indes knüpfte eine Fortsetzung des Friedensprozesses an mehrere Bedingungen: „die komplette Einstellung des Terrors, der Gewalt und der Hetze, die Zerschlagung der terroristischen Organisationen und die Konfiszierung ihrer Waffen sowie die Umsetzung der Reformen, zu denen sich die Palästinensische Autonomiebehörde verpflichtet hat.“

Die Frage, wie mit dem leer stehenden Wohnraum im Gaza-Streifen umzugehen sei, war über Wochen Streitpunkt innerhalb der israelischen Regierung. Scharon hatte den rechts-nationalen Ministern, die einen Abriss forderten, zunächst nachgegeben. Aus pragmatischen Gründen stimmten dem nun auch die Palästinenser zu. Es sei „offensichtlich“, so Rice vor Journalisten, dass Neubauten „bessere Nutzungsmöglichkeiten des Landes für die Wohnbedürfnisse der Palästinenser bieten“.

Dem von Israel entworfenen Plan zufolge würde der Abriss von den Palästinensern oder einem Drittland auf Kosten Israels vorgenommen werden. Entscheidend sei, so Rice, dass keine einseitigen Maßnahmen getroffen werden. Beide Seiten verstünden die Notwendigkeit der Kooperation. Mit Hilfe des US-Nahostgesandten James Wolfensohn werde derzeit an einem „Masterplan“ für die Landnutzung gearbeitet. Rice versprach, sich bei dem bevorstehenden G-8-Gipfel in Schottland für internationale Finanzhilfe stark zu machen. Der Gaza-Streifen müsse „als hoffnungsvoller Ort für die Palästinenser“ zurückgelassen werden.

Wolfensohn habe, so erklärte Vizepremierminister Schimon Peres im Anschluss an sein Treffen mit Rice, zudem „einen interessanten Plan“ hinsichtlich einer Verbindung zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland. Israelischen Berichten zufolge ist die Errichtung einer Zugverbingung im Gespräch.

Gegenüber ihren palästinensischen Gesprächspartnern, die sie bereits am Samstag traf, betonte die US-Außenministerin die Wichtigkeit, dass der Abzug in „friedlicher Atmosphäre“ stattfindet. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas versicherte, dass sich die Palästinenser der Anfang Februar vereinbarten Waffenruhe verpflichtet fühlen. Nichtsdestotrotz kam es im südlichen Gaza-Streifen gestern zu einem Angriff mit Antipanzerraketen, bei dem ein israelischer Soldaten getötet wurde.

Das Weiße Haus betrachtet Hamas, die ihre Teilnahme an den bevorstehenden Parlamentswahlen angekündigt hat, unverändert als Terrororganisation. Morgen wollen Scharon und Abbas zusammentreffen. Auf ihrer Agenda steht unter anderem eine weitere Amnestie für palästinensische Häftlinge sowie Reiseerleichterungen.