CDU: Europa braucht Merkel

Deutschland solle sich in Europa wieder auf seine Mittlerrolle besinnen, fordert die Union und kritisiert Schröders Weg. Die Krise der EU könne nur eine lösen: Angela Merkel

BERLIN taz ■ Nach den geplatzten Verhandlungen um den Etat ist die Europäische Union in einer schweren, vielleicht sogar, wie Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, „in einer der schwersten Krisen“. Die deutsche Opposition sieht einen der dafür Verantwortlichen im eigenen Land: Schröder.

Der Unionsfraktionsvize Michael Glos (CSU) sprach von „Führerlosigkeit“ in Europa und sagte: „Hieran trägt die rot-grüne Bundesregierung ein gerüttelt Maß an Mitverantwortung.“ Der Kanzler selbst machte wie viele der Staats- und Regierungschefs der EU eher die Haltung der Niederlande und Großbritanniens für das Scheitern verantwortlich.

Die Union sieht das anders. Indem Schröder die Schuld für die Krise „einseitig den Niederlanden und Großbritannien zuschiebt, setzt er seinen europäischen Crashkurs fort“, sagte Glos. Der europapolitische Sprecher der Union, Peter Hintze (CDU), präzisierte: Schröder sei nicht allein schuld, aber „dieser Ausfall der Mittlerrolle Deutschlands, das ist die Verantwortung dieses Bundeskanzlers“.

Hintergrund dieses Streits ist auch die Debatte, ob Deutschland in Europa eher auf der Seite Frankreichs oder eher auf der britischen Linie agieren soll. Die Briten wollten Einschnitte beim ihnen bisher eingeräumten Beitragsrabatt nur hinnehmen, wenn generell überprüft wird, wofür die EU ihr Geld ausgibt – zu einem großen Teil für Agrarhilfen, von denen Frankreich erheblich profitiert. Das französische Lager fordert den Abbau des britischen Rabatts, ohne am Gesamtsystem etwas zu ändern. Nach Ansicht der Union hat Schröder sich zu sehr auf die französische Seite geschlagen und damit Tony Blair letztlich dazu gedrängt, auf seiner Position zu beharren, da er sie, ohne Gesichtsverlust nicht mehr aufgeben konnte.

Bei den Briten scheint man das ähnlich zu sehen und auf einen neuen deutschen Verbündeten nach einem Regierungswechsel zu hoffen. Der britische Labour-Abgeordnete Peter Jackson zumindest appellierte in einem in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung veröffentlichten offenen Brief an Merkel, die Seite zu wechseln. „Liebe Angela Merkel, ich hoffe, Sie stimmen mit mir überein“, schrieb Jackson, dass jemand, der wie die Franzosen Ressentiments gegen Briten und Amerikaner anstachele, die europäische Einigung und Einheit nicht fördere.

Ganz so vereinnahmen will man sich bei der Union nicht lassen. Es sei bei den Verhandlungen eher das Problem gewesen, dass Schröder sich überhaupt auf eine Seite gestellt und die traditionell von Deutschland eingenommene Mittlerposition verlassen habe, sagte Europaexperte Peter Altmaier (CDU) der taz.

Die Union glaubt nun, dass Merkel, sollte sie Kanzlerin werden, eine solche Position einnehmen könnte. Peter Hintze sagte, Europa brauche eine neue Integrationsfigur, die es schaffe, die Enden wieder zusammenzuführen. Als neue Figur kam für ihn offensichtlich nur eine in Frage. Eine Kanzlerin Angela Merkel werde Europa aus der Krise führen, so Hintze. KAI BIERMANN