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: „Es ist die einzige Möglichkeit, wie wir mit diesem hoch belasteten Erbe umgehen können“

Das Kieler Kommunalkino zeigt den NS-Propagandafilm „Hitlerjunge Quex“ aus dem Jahr 1933

Foto: privat

Eckhard Pabst

Jahrgang 1965, Mitarbeiter am Institut für Neuere Deutsche Literatur und Medien der Uni Kiel. Seit 1999 kuratiert er das Programm des dortigen Kommunalen Kinos.

Interview Wilfried Hippen

taz: Herr Pabst, Sie dürfen den Film „Hitlerjunge Quex“ nur mit einer historischen Einführung und einer Diskussion mit fachkundigem Leiter zeigen. Was denken Sie über diesen Umgang mit sogenannten „Vorbehaltsfilmen“?

Eckhard Pabst: Ich finde das absolut richtig. Dies ist unsere aktive Art, mit der Vergangenheit umzugehen. Diese Filme sind ja Teil des Erbes des Nationalsozialismus und wir nachfolgenden Generationen müssen uns dem stellen. Und da gibt es ja nur ein paar Optionen.

Welche denn?

Entweder man verschweigt es, dann hat man sich damit nicht auseinandergesetzt. Oder man lässt es unbedacht öffentlich kursieren, dann hat man sich auch nicht damit auseinandergesetzt. Oder man verbietet es nicht, aber man macht es nur in Veranstaltungen zugänglich, bei denen das Publikum in die Pflicht genommen wird, sich Gedanken darüber zu machen und es nicht nur einfach als Unterhaltung zu goutieren. Ich glaube, dies ist die einzige Möglichkeit, wie wir mit diesem hoch belasteten Erbe umgehen können.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit solchen Veranstaltungen?

Vor ein paar Jahren habe ich ein umfangreiches Projekt organisiert, bei dem wir viele Vorbehaltsfilme gezeigt haben. Vom „Hitlerjunge Quex“, der ja einer der ersten war, bis „Kollberg“, der kurz vor dem Ende noch gerade eben fertiggestellt worden ist. Das Interesse an solchen Filme ist immer noch sehr groß. Und auch das Bedürfnis der Menschen, sich damit auseinanderzusetzten. Wir hatten damals bei der Retro­spektive noch Zeitzeugen dabei. Zum Beispiel einen alten Herren, der den Film damals zwangsweise als Mitglied der Hitler-Jugend ansehen musste und davon erzählte, wie man da regelrecht hingeführt wurde, um den Film dann im Dorfgasthof zu sehen.

Was ist das Besondere an gerade diesem Film?

Nicht alle von diesen Filmen sind von gleicher Qualität. Manche sind wirklich Schund, aber abgesehen von den Ideologien, die sie transportieren, ist das bei „Hitlerjunge Quex“ oder „Jud Süß“ anders.

Die wirken noch?

Wenn man sich selbst beobachtet, merkt man, wie man selber heute noch von diesen Filmen emotional erfasst wird. Es sei denn, man hält sich von vornherein auf Distanz und sagt: Ich lasse es gar nicht zu, dass ich mich auf diese Geschichte einlasse. Und das ist ja vielleicht auch nicht die schlechteste Haltung.

„Hitlerjunge Quex“, Mo,12. 12., 20 Uhr, Kiel, Kommunal­kino in der Pumpe

Ja, aber man erfährt etwas über sich selbst, wenn man sich dem aussetzt. Und nur so kann man lernen, wie Propaganda funktioniert.

Genau! Wir zeigen „Hitlerjunge Quex“ auch Schülerinnen und Schülern, die aus einer ganz anderen Lebenswirklichkeit kommen, aber von denen der eine oder die andere sagt, das habe sie berührt. Und sie konnten sich in den ­Protagonisten Heini hineinversetzten.

Nun gibt es ja neben dem Kino andere Plattformen, auf denen die Filme für alle zu sehen sind. Wie stehen Sie dazu?

Ich weiß, dass man alle diese Filme auf Youtube sehen kann. Aber da ist der Film ja nicht in der Verantwortung von Leuten, die sich damit befasst haben. Da wird er von Nazifans oder achtlos von irgendwelchen Leuten reingestellt. Aber es geht ja gerade um Achtsamkeit.