Gedemütigt von Regenwürmern

Griechenland verliert auch gegen Japan und muss erkennen, dass die EM von Portugal Geschichte ist

FRANKFURT taz ■ Otto Rehhagel hatte in Stilfragen schon immer ein besonderes Händchen. Mit einem „Guten Abend, meine Herren“ begrüßte der Trainer der griechischen Nationalmannschaft am Sonntagabend die Damen und Herren Medienvertreter. Giftig war dabei sein Blick. Er ahnte wohl, was kommen würde. Ob er die Art in Ordnung finde, in der sich die griechische Mannschaft, der Fußball-Europameister, im Waldstadion präsentiert habe, wurde Rehhagel nach dem 0:1 (0:0) gegen Japan denn auch prompt gefragt; nach einem Spiel, das der ebenso eifrige wie torungefährliche Asien-Champion in fast unheimlicher Art dominiert hatte.

Rehhagel wich aus: „Der Gegner war heute eine Klasse besser als wir. Meine Jungs sind platt, sie sind heute in keinen Zweikampf gekommen.“ Als der 66-Jährige eine Frage zu seiner Defensivtaktik beantworten sollte, beschimpfte er lieber den Fragenden: „Bereiten Sie sich besser vor, dann können Sie mich noch mal fragen.“ Darüber, ob er seine Mannschaft vielleicht nicht so richtig auf das Turnier vorbereitet habe, sprach Rehhagel nicht. Der Confed-Cup hat sich jedenfalls zu einem Albtraum für die Hellenen entwickelt. Beim 0:3 gegen Weltmeister Brasilien wurden sie vorgeführt, von Außenseiter Japan nun gedemütigt.

Es hätte ein wundervoller griechischer Abend werden können, unter den 34.000 Zuschauern im Waldstadion befanden sich mindestens 20.000 Griechen – und die waren wild entschlossen, ihre Mannschaft zu feiern. Am Ende pfiffen sie jedoch, viele weinten. So ein großes Elend hatten sie nicht erwartet. Natürlich fehlten mit Traianos Dellas und Giourkas Seitaridis zwei Säulen der griechischen Abwehr. Dazu setzte Mittelfeldstar Theodoros Zagorakis aus – er hatte am Tag zuvor beim Abstieg seines Klubs Bologna in der Relegation der Serie A aushelfen müssen. Und natürlich befindet sich Griechenland in der WM-Qualifikation nach dem unglücklichen 0:1 gegen die Ukraine in einer konfliktreichen Phase. Doch das war es nicht allein, die Mannschaft, die in Frankfurt auf dem Platz stand, war ein müdes Team ohne Mut, ohne Antrieb, ohne Lust am Spiel. Die von Otto Rehhagel formierte Dreier-Abwehrkette mit Efstathios Tavlaridis, Sotirios Kyrgiagos und Panagiotis Fyssas war überfordert, auch im Mittelfeld herrschte Konfusion. Das einzige erkennbare Konzept der Griechen bestand darin, unpräzise lange Bälle in den Strafraum zu schlagen – auf dass sie Angelos Charisteas erwische. Ohne Erfolg. Zu allem Überfluss wechselte Rehhagel – in einem klinsmannesken Offensivanfall – schon nach 30 Minuten Mittelfeldmann Tsiartas für den Länderspiel-Debütanten Tavlaridis ein. Der 32-jährige, der beim 1. FC Köln in der vergangenen Saison seine Allergie gegen Abwehrarbeit demonstrierte, verlegte sich hauptsächlich darauf, um den Mittelkreis zu traben.

Die Japaner jedenfalls durchschauten den Gegner schnell – zwei, drei lange Bälle, viel gemeinschaftliches Gewusel – und schon hatten sie freie Bahn auf das von Antonis Nikopolidis gehütete Tor. So erspielten sie sich, unermüdlich rennend, Chance um Chance. Im Abschluss zeigten die Japaner jedoch – zum großen Glück für die Griechen – den Killerinstinkt von Regenwürmern. So fiel der Siegtreffer erst in der 76. Minute: Der eingewechselte Oguoro spitzelte eine Vorlage von Yanagisawa ins Tor. Selten war ein Sieg verdienter.

Im Abschlussspiel gegen Mexiko am Mittwoch geht es für Hellas nun um einen ehrenvollen Abschied vom Turnier. „Ganz Griechenland ist unzufrieden“, sagte Angelos Charisteas, der Held der EM 2004. „Wir sind nicht mehr in Portugal, wir müssen uns wieder selbst gerecht werden.“ Er hatte Tränen in den Augen. CHRISTIANE MITATSELIS