Zeitungen für eine verschlosseneWelt!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Illustration: Donata Kindesperk

wie sieht es in Gefängnissen heute mit dem Zugang zu Nachrichten aus der großen Welt draußen aus? Können sich Inhaftierte im Internet frei informieren? Vor wenigen Wochen haben wir dazu Ex­per­t:in­nen befragt – und viele interessante und auch unerwartete Antworten erhalten. Auf die Frage „Wann saßen Sie das letzte Mal am Computer und was haben Sie gemacht?“ erhielten wir von den Experten im Vollzug – den Inhaftierten – Antworten wie diese von André aus der JVA Straubing: „Wenn man die Frage so stellt, dann muss ich sagen, dass ich werktags täglich am PC sitze. Ich arbeite in der JVA-eigenen Bäckerei und bin dort für die Buchhaltung zuständig. Auf dem Rechner befinden sich nur Microsoft Excel und Word. Weiterhin sind alle Funktionen sehr stark durch verweigerte Zugriffsrechte eingeschränkt. Der Rechner ist auch in kein Netzwerk eingebunden und hat nur eine kabelbasierte Verbindung zum Drucker im Büro des Chefs.“

Tanja Lehmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie der TU Chemnitz, beschreibt die Situation so: „In allen Bundesländern sind Angebote im Bereich der Resozialisierung wie Lernplattformen oder die Möglichkeit eines Fernstudiums/-kurses etabliert. Einige Länder wie Niedersachsen oder Thüringen wagen durch den Einbau von Multimediasystemen einen Vorstoß im Bereich der Nutzung. Die Relevanz des Internets und Neuer Medien manifestiert sich ebenfalls in verschiedenen Pilotprojekten wie in Berlin oder Niedersachsen.“

Christian Reschke, Experte für Digitalisierung in der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung, informiert: „Einen freien Internetzugang für Gefangene oder Untergebrachte in den Anstalten des Berliner Justizvollzugs wird es nicht geben, weil die Sicherheitsrisiken zu hoch und nicht vertretbar sind. Wir haben aus einem von 2016 bis 2019 geführten Forschungsprojekt Erfahrungen über die Internetnutzung von Gefangenen gesammelt. Aus diesen Erfahrungen resultiert noch ein Setting von über 100 Internetseiten. Dieses Setting wollen wir in Teilen zu ersten Internetfreischaltungen nutzen.“

taz in den Knast

Täglich liefert die taz an circa 500 Gefangene ihre Printaus­gabe. Die Dauer eines Spen­den­abos beträgt in den meisten Fällen 6 Monate. Das Knastabo kann man direkt bei der taz oder beim Verein Freiabonnements für Gefangene e. V. buchen. Dieser Verein kann auch Spendenquittungen ausstellen. Es ist auch möglich, das eigene Abo während des Urlaubs an einen Gefangenen in den Knast umzuleiten. Infos: taz.de/knastabo

Das können Sie tun: Verschenken Sie ein taz-Abo an einen Gefangenen:

Am besten 6 Monate zum er- mäßigten Preis von 238,80 Euro oder 10 Wochen zu 60 Euro.

Hier geht es zum Formular: taz.de/knastaboschenken

Dank an alle Spender:Innen

Die taz-Knastabos werden allein durch Spender:innen ermöglicht, die mit einem Beitrag gleich mehreren helfen: Die gedruckte taz wird an durchschnittlich sechs Mithäftlinge weitergegeben und gelesen, außerdem unterstützen Sie mit jedem taz-Abo an Gefangene immer auch zugleich die taz.

Freiabonnements für Gefangene e. V.

Dieser Verein wurde 1985 von der taz mitbegründet, um Zeitungen an Gefangene zu vermitteln. Heute vermittelt er außer rund 40 verschiedenen Zeitungen und Magazinen auch Bücher und Weihnachtspakete. www.freiabos.de

Neues Projekt der taz Panter Stiftung:

Der Lichtblick, seit 50 Jahren die einzige unzensierte Gefangenenzeitung, braucht eine neue Redaktion.

Unter dem Motto „Gefangenen eine Stimme geben“ organisiert die taz Panter Stiftung in den nächsten Monaten unter Anleitung von taz Redakteur:innen einen Workshop für Gefangene in Tegel. Eine Gruppe von etwa 12 Gefangenen lernt die Grundlagen des journalistischen Handwerks, aus dieser Gruppe soll dann Anfang nächsten Jahres eine eigenständige Lichtblick-Redaktion entstehen. Infos unter www.taz.de/stiftung

Unterstützen Sie unser Projekt und spenden Sie ein Abo für einen Gefangenen in Tegel!

Es wird sich also zukünftig etwas ändern. Das ist auch angebracht, denn, so informiert Lorenz Bode, Richter in Magdeburg: „Gefangene sind über Artikel 1 Absatz 3 Grundgesetz, der alle staatliche Gewalt, also auch die Justizvollzugsbehörden, an die Garantien der Grundrechte bindet, weiterhin Grundrechtsträger. Dass ihnen ein Internetzugang zur Verfügung steht, ist richtig und wichtig. Denn dabei geht es um nichts weniger als einen zeitgemäßen Kontakt zur Außenwelt – sowohl in kommunikativer als auch informativer Hinsicht.“

In Gefängnissen sind Zeitungen heute jedoch gegenüber dem Internet die weitaus wichtigere Informationsquelle. Alexander aus der JVA Uelzen schreibt: „Ich lese Zeitungen, um nicht den kompletten Anschluss zur Außenwelt zu verlieren.“

Foto: privat

Freiabonnements für Gefangen e. V., Sybill Knobloch, Broschüre „Digitalisierung im Vollzug – Sommer 2022“

Sybill Knobloch, Geschäftsführerin von Freiabonnements für Gefangene e. V.