doppelblind: Was Klimagipfel bewirken – und was nicht
Die Frage
Was bleibt von der 27. Weltklimakonferenz in Ägypten? Klar, jeder Klimagipfel endet mit politischen Beschlüssen. Aber was gewinnt die Menschheit wirklich von diesen Treffen? Viele Klima-Aktivist:innen argumentieren: Solange die globale Politik es nicht schafft, die von Menschen verusachten CO2-Emissionen wirkungsvoll herunterzufahren, sind die großen Klimagipfel reine Zeitverschwendung. So twitterte Greta Thunberg nach Abschluss der Klimakonferenz in Glasgow letztes Jahr: „Die COP26 ist vorbei. Hier ist eine kurze Zusammenfassung: Bla, bla, bla“.
Die Studie
Dass Treibhausgasemissionen nicht der einzige Maßstab sind, um die Bedeutung von Klimagipfeln zu bewerten, glaubt jedoch die Forscherin Zorzeta Bakaki. Ihre Studie zur Frage, wie Klimakonferenzen die öffentliche Meinung beeinflussen, erschien im Fachmagazin Environmental Politics. Bakaki und ihr Kollege Thomas Bernauer analysieren dort den Effekt der Berichterstattung in US-Medien über die Weltklimakonferenz in Lima 2014. Dafür ermittelten sie zunächst mit einem Fragebogen, welches Wissen über den Klimawandel und welche politische Einstellung die Studienteilnehmer:innen mitbrachten. Danach teilten sie die Teilnehmer:innen in drei Gruppen ein: Die erste Gruppe bekam positive Medienberichte über den Klimagipfel geschickt, die zweite Gruppe negative Nachrichten und die Kontrollgruppe gar keine Informationen. Nach 20 Tagen erfragten Bakaki und Bernauer erneut den Wissensstand zur Klimakrise und die politische Haltung der Teilnehmenden.
Das Ergebnis: Der Medienrummel um den Klimagipfel führte insbesondere bei Menschen mit wenig Vorwissen dazu, dass sie für die Problematik des Klimawandels sensibilisiert wurden. Weder positive noch negative Berichterstattung beeinflussten jedoch entscheidend die politische Haltung der Teilnehmenden. Die Studie lasse darauf schließen, so die Forscher:innen, dass die klimapolitische Berichterstattung zwar beeinflusst, über welche Themen eine breite Öffentlichkeit nachdenkt, nicht aber, was sie davon hält.
Neue wissenschaftliche Studien stellen wir jede Woche an dieser Stelle vor – und erklären, welchen Fortschritt sie bringen.
Was bringt’s?
Die großen Konferenzen helfen also, da durch ihre mediale Aufbereitung die Problematik des Klimawandels zu den Menschen durchdringt. Dass insbesondere Leser:innen mit wenig Vorwissen davon profitieren, ist ein Hoffnungsschimmer. „Die hohen Umweltkosten, etwa durch die Flüge und die Hotels, sprechen zwar gegen eine solche Konferenz“, sagt Bakaki, „doch nur wenn die Klimagipfel stattfinden, wird über sie berichtet, und nur so gelangen Klimathemen ins öffentliche Bewusstsein.“ Nichtsdestotrotz: Auch wenn durch die Gipfel mehr Menschen für die Klimakrise sensibilisiert werden, bleibt das Problem, dass die dort gefassten Beschlüsse nicht ausreichen. Thunbergs Haltung bleibt also auch angesichts dieser Studie verständlich. Enno Schöningh
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