herzensort: Schwelgen im Kaffeehaus in Prag
Overtourism hat einen Namen: Prag zum Beispiel. Doch während sich nur fünf Gehminuten entfernt die Horden langsam über die Karlsbrücke wälzen, sitzt man in der Kavárna Slavia bei Kaffee und Sacher-Petit-Four (mit frischer Marillenkompott-Füllung anstatt übersüßter Konfitüre) und genießt die Aussicht: Entlang der riesigen Fensterscheiben des Kaffeehauses rattern die neuen und alten Tatra-Straßenbahnen und verdecken kurz den Blick auf die Moldau und den Hradschin, das Burgberg-Viertel der güldenen tschechischen Kapitale.
Mögen sich die anderen doch dort drüben von Porträtmalern, Ballonverkäufern und Mittelalterdarsteller*innen bezirzen lassen, man selbst bleibt lieber hier, im geschmackvollen Art-déco-Interieur, lässt sich vom Profipersonal noch eine weitere zentraleuropäische Köstlichkeit zukommen, warum nicht ein Gulasch mit Knödeln? Oder gleich einen Absinth, wie auf dem großen Gemälde an der Seitenwand („Der Absinthtrinker“ von Viktor Oliva). Václav Havel war hier, Egon Erwin Kisch, Rilke auch. Und heute kommt eine verträgliche Mischung aus Einheimischen und Touristen.
Martin Reichert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen