NEUES AUS DER BAUKULTUR
: Zum Beispiel Zumthor

CORD MACHENS Streifzüge durch Kölns urbane Zumutungen

Es gibt Baustellen, die sieht man gerne, wie die des Diözesanmuseums von Peter Zumthor. Die Kolumbastraße wird vollendet, an der Brückenstraße die Kirchenmauer hochgezogen und der Ausstellungsraum schwebt über dem alten Grundriss. Damit ist die Ecke geistreich, prägnant und im Kontrast zum Dischhaus geschlossen. Bruno Paul hat es 1929 als elegantes Beispiel der Moderne gebaut. Der Skelettbau schwingt sich mit Fensterbändern und Travertin verkleideten Brüstungen gerundet um die Kurve.

Zumthor macht das Gegenteil. Der Schweizer Architekt bildet scharfkantige Ecken aus und er baut massiv. Dazu hat er einen eigenen „Kolumbastein“ entwickelt. Ein Ziegel in flachem, großen, fast römischen Format und in einer tonigen Farbe, die sich dem alten anpasst. Er lässt den Stein dort, wo Licht in den neuen Kirchenraum dringen soll, mit zu Löchern ausgeweiteten Fugen mauern, und alles – gepixeltes Muster, Mauerwerk und kubischer Baukörper – entwickelt eine vergessene Materialpräsenz, für die Zumthor geschätzt wird. Damit thematisiert er ein altes Problem: Darf man lügen? Architektur hat immer „gelogen“. Die Pyramiden aus Kalkstein bekamen Granitverkleidung, römischem Ziegelmauerwerk wurde Marmor vorgeblendet. Man nutzt das billigere Material für den Kern und das edle teure für das Finish. Und im Barock hat man munter „marmoriert“.

Das wurde akzeptiert, bis Gottfried Semper über Bekleidungen reflektierte und Otto Wagner forderte, man müsse Verhüllungen sichtbar machen. Also sieht man seinen Bauten, wie der Postsparkasse in Wien, durch sichtbare Ankerköpfe das „verlogene“ Gefüge an.

Peter Zumthor ist „Tektoniker“, seine Architektur entsteht aus Material und Gefüge und seine Bilder sind echt, so echt wie die Sockel an Kölner Kirchen, Stadttoren und dem Gürzenich, wo Basaltsäulen und Tuffstein archaische Kraft ausstrahlen.

Das Diözesanmuseum ist ein Glücksfall, es komplettiert den Ort, der nach der Opernrenovierung kulturelles Herz der Stadt sein wird. Dann mag auch das anhaltende Opponieren Gottfried Böhms aufhören. Böhms Kapelle war immer ein Provisorium im Stadtbild.

Nun ist sie mit Würde eingehaust und die Kritiker mögen schweigen. Sonst kommen womöglich Zumthor-Freunde auf die Idee, andere Gebäude von ihm ummauern zu lassen: die WDR-Arkaden zum Beispiel.