Bolton in der Warteschleife

Der US-Senat lehnt Bushs Lieblingskandidat für den UN-Botschafter erneut ab

WASHINGTON taz ■ John Bolton, Präsident Bushs Kandidat für den Posten des UN-Botschafters, ist im US-Senat erneut durchgefallen. Die Republikaner scheiterten am Montag bei einem weiteren Versuch, ihn zu bestätigen. Zu viele Parteifreunde Bushs enthielten sich der Stimme. Zu tief sitzt unter einer ausreichend großen Schar von ihnen das Unbehagen angesichts der Kandidatur Boltons.

Will Bush beim anstehenden Poker um UN-Reformen nicht ohne Unterhändler sein, kann er ihn jedoch dank präsidialer Vollmachten auch ohne Zustimmung des Senats nach New York schicken, indem er ihn in der Parlamentspause beruft. Eine solche, in der Verfassung vorgesehene vorübergehende Ernennung, gilt jedoch nur bis zum Ende der laufenden Kongressperiode, die im Herbst 2006 endet.

Seit nunmehr März streitet der Senat über Bolton, der sich vor seiner Nominierung oft durch eine abschätzige Haltung gegenüber der UNO einen Namen machte. Neben seinem herrischen Auftreten, das die Demokraten als ungeeignet für das Amt ansehen – im Gegensatz zu Bush, der nach wie vor stramm verkündet, einer wie Bolton, der kein Blatt vor den Mund nehme, sei genau der Richtige für den Job –, verkörpert er die politische Manipulation der Geheimdienste. Ihm konnte nachgewiesen werden, dass er Geheimdienstmitarbeiter zwang, Informationen zu verändern, da sie nicht seiner Weltsicht entsprachen.

Um das genaue Ausmaß der Einschüchterung gegenüber Mitarbeitern und den Missbrauch von Geheimdienstdaten zu prüfen, hatten die Demokraten verschlossen gehaltene Unterlagen vom Weißen Haus verlangt. Die Regierung weigert sich jedoch hartnäckig, diese herauszugeben. Da niemand erwartet, dass sich an dieser Haltung etwas ändern wird, bleibt Bush nur noch der Ausweg, die Legislative mittels präsidialer Ernennung zu umgehen. Dieser Schritt findet unter Parlamentariern beider Parteien wenig Freunde. Er wird in den Augen vieler Abgeordneter als weiteres Beispiel für Bushs Geringschätzung des Kongresses dienen und dürfte somit den Graben zwischen Weißem Haus und Capitol vergrößern.

Schon jetzt ist es nicht nur die Oppositionsfront, die Bush trotz republikanischer Mehrheit Kopfschmerzen bereitet. Immer öfter gehen ihm die eigenen Parteifreunde von Bord. Bei der Rentenversicherungsreform drängen sie, die aussichtslosen Privatisierungspläne zu begraben. Eine Verlängerung des „Patriot Act“ – Antiterrorgesetze, die Ermittlungsbehörden weitreichende Befugnisse einräumen und von Bürgerrechtlern kritisiert werden – wurde vergangene Woche vom Abgeordnetenhaus in Teilen abgelehnt. Und Stimmen werden lauter, die einen Zeitplan für den Abzug der US-Streitkräfte aus dem Irak fordern.

Im Falle Boltons bleibt vielen Bushs Sturheit unverständlich. Er würde einen geschwächten Botschafter zur UNO schicken, der auch nach Ansicht von Republikanern die Interessen der USA nicht mehr effektiv vertreten kann. Zudem förderte die Debatte zu Tage, wie ineffektiv Bolton in seiner bisherigen Funktion als Staatssekretär für Abrüstung war. So kamen die Verhandlungen mit Russland über die Sicherung von Nuklearmaterial nie voran. Nach Boltons Abgang gelang der Durchbruch. Lange widersetzte er sich auch einer weiteren Amtszeit des Chefs der Atomenergiebehörde. Jetzt erhielt Mohammed al-Baradei den Segen der USA. MICHAEL STRECK