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Ottolenghifizieren: eine kurze Anleitung

Am 1. November ist Weltvegantag, Zeit für eine Exkursion durch die Küche: über eine fünfte Geschmacksrichtung, Gewürze und andere Zutaten, die vegane Kulinarik enorm bereichern – sowie mit Referenzen auf einen britisch-israelischen Kochkünstler

Süßlupinen: Basis für Ei-Ersatz, der den Teig von Pancakes locker macht Foto: Robin Grant/Alamy Stock

Von Lisa Shoemaker

Kurz vor dem Weltvegantag am 1. November lauten zwei brennende Fragen beim Kochen: Wie veganisiere ich das Gericht, und wenn mir das gelingt, wie ottolenghifiziere ich es? Das Verb im englischen Original, ottolenghify, wird selbst von Yotam Ottolenghi, einem britisch-israelischen Kochkünstler, verwendet. Seine besondere Gabe ist das Würzen. Zu Deutsch also: Wie würze ich mein Essen, damit es schmeckt? Hierzu ein paar Tipps aus der veganen Speisekammer.

Umami ist neben süß, sauer, salzig und bitter als fünfte Geschmacksrichtung anerkannt. Es handelt sich um den vollmundigen Geschmack, den Fleisch und fermentierte Produkte verleihen. Da die vegane Küche auf Fleisch verzichtet, ist Fermentiertes der perfekte Joker.

Gochujang (das j stimmhaft aussprechen wie in Job) ist eine mäßig scharfe fermentierte Chilipaste aus Korea. Es gibt sie in knallroten Plastikboxen in jedem Asienladen. Auch wenn sie vegan ist, solltet ihr die Zutatenliste prüfen. Hervorragend geeignet, um in Marinaden und Dressings eingesetzt zu werden. Ich verwende sie gern für „Fake Kimchi“ in Krautsalat, wenn ich keine Zeit habe, den Kohl tagelang gären zu lassen. Wenn ihr Zeit habt, salzt zumindest den Kohl und lasst ihn zwei bis drei Stunden mürbe werden. Doch am besten schmeckt Gochujang in Kombination mit Miso: Öl, Miso und Gochujang zu gleichen Teilen verrühren und Gemüse (alles, was gern im Ofen gart) damit bestreichen und für 45 Minuten in den Ofen schieben. Umami pur.

Miso, eine fermentierte japanische Paste aus Reis, Gerste oder Soja, kommt in verschiedenen Farben. Die Grundregel lautet: Je heller desto milder, je dunkler desto kräftiger im Geschmack. Mit veganer Butter und Zucker vermengt als Glasur für Gemüse, Tofu und Tempeh. Oder mit Sojasauce auf gebratenen Auberginenscheiben.

Sojasauce (gebratene Pilze lieben sie) und Kecap Manis (süße Sojasauce aus Indonesien und die Urgroßtante des Ketchups) sind ebenfalls fermentiert. Wie auch eine andere Würzsauce: in der Schweiz entwickelt, um Hülsenfrüchte aufzupeppen und so den schlechten Ernährungszustand der Arbeiter, die sich kein Fleisch leisten konnten, zu verbessern. Sie gilt in amerikanischen Youtube-Videos als kultig: Maggi.

Ein weiteres Element, das der veganen Küche fehlt, ist Rauchiges. Hierfür gibt es Räuchersalz und Liquid smoke: Wenn es nicht direkt aus der Chemiefabrik kommt, wird dafür Holz, zum Beispiel Hickory, verbrannt, der Rauch aufgefangen und kondensiert.

Pimenton de la vera, spanisches Räucherpaprikapulver, gibt es in dulce (mild) und picante (scharf). Köstlich in Sauerkraut, am besten mit einer ordentlichen Portion Fett, getrockneten Steinpilzen (vorher eingeweicht), etwas Tomatenmark, auch ein Schuss Rotwein schadet nicht. Mit geräuchertem Tofu ergibt das veganes Bigos. Aber auch Rotkohl bekommt eine Prise Pimenton de la vera.

Vegane Mayonnaise lässt sich leicht spontan zu Hause herstellen – darf aber nicht so heißen

Kala Namak ist natürlich vorkommendes dunkles Salz aus Indien, manchmal auch schwarzes Himalayasalz genannt. Es stinkt (pardon) nach hartgekochten Eiern, was an den schwefeligen Elementen liegt, die es enthält. Besonders beliebt ist es in scrambled tofu, das durch den Einsatz von Kala Namak und Kurkuma geschmacklich und optisch an Rührei erinnert. Auch Nudel- oder Kartoffelsalate lassen sich damit würzen, aber haltet euch dann beim weißen Salz zurück, bis ihr genügend Eiergeschmack im Salat habt. Wer Pancakes machen möchte, wähle statt Kala Namak einen Ei-Ersatz aus Süßlupinen, um den Teig locker zu machen.

Kreuzkümmel ist ein vielseitiges Gewürz, nicht nur spielt er in den Küchen Indiens, Mexikos und des östlichen Mittelmeers eine Hauptrolle, sondern er ist auch dank seiner geschmacklichen Durchsetzungskraft gut geeignet, um ungebetene Aromen zu übertünchen, zum Beispiel bei Joghurtalternativen, die zu sehr nach Hafer, Soja und Ähnlichem schmecken und so nicht zu Falafel passen.

Weder vergoren noch würzig ist eine andere Zutat, die sich jedoch aromatisch anreichern lässt: Mayonnaise. Natürlich gibt es diverse vegane Produkte zu kaufen, ihr könnt sie aber leicht spontan zu Hause herstellen: mit Sojamilch und Öl (beides bei Zimmertemperatur) im Verhältnis 1:2, etwas Senf, Zitronensaft, Salz – und einen Pürierstab. Bis auf das Öl gebt ihr alles in einen Becher und legt los. Nach ein paar Sekunden langsam das Öl hineinlaufen lassen. In ein bis zwei Minuten habt ihr ein mayonnaiseartige Creme – die man nicht Mayo nennen darf. Wenn ihr asiatische Mayo mögt: mit Sirup süßen – oder wahlweise mit Miso, Gochujang, Zitronenabrieb, Knoblauch aromatisieren.