CDU hat Appetit auf Genmais

CDU und FDP wollen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft fördern – sehr zum Ärger von Umweltschützern. Doch ein neues Urteil des OVG Münster gibt den Gentech-Gegnern Auftrieb

VON ULLA JASPER

Die Gentechnik-Offensive der neuen Landesregierung erhält einen Dämpfer: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat entschieden, dass die Umweltschutzorganisation Greenpeace Einsicht in eine bislang geheim gehaltene Studie der Firma Monsanto erhalten muss. Nach Greenpeace-Angaben belegt die Studie, dass genmanipulierter Mais der Sorte MON 863 bei Fütterungsversuchen an Ratten schwere Gesundheitsschäden hervorgerufen hat. Die Umweltschützer fordern deshalb, dass der Mais nicht nach Europa importiert werden dürfe.

Bislang hatte sich die frisch gebackene Regierungskoalition aus CDU und FDP ausdrücklich für eine Ausweitung der so genannten „grünen Gentechnik“ ausgesprochen – trotz der Bedenken von Umweltschützern und vielen Landwirten. Im Koalitionsvertrag hatten beide Parteien erklärt: „Im Interesse der Landwirte und Verbraucher sollen die verantwortbaren Potentiale der grünen Gentechnik weiterentwickelt und für die Nutzung zugelassen werden.“

Eckhard Uhlenberg, der designierte Landesagrarminister der CDU, hat sich unabhängig vom Urteil des OVG dafür ausgesprochen, den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft zu verstärken – schließlich lebe man in Nordrhein-Westfalen „nicht auf einer Insel“, so Uhlenberg zur taz nrw. „Bei uns in NRW hängen tausende Arbeitsplätze von der grünen Gentechnik ab, deshalb werden wir die Blockadepolitik der Vorgängerregierung nicht länger mitmachen.“

Umweltschützer sehen die unkritische Haltung der schwarz-gelben Regierung in der Gentechnikfrage mit Sorge. Zwar bleibe abzuwarten, ob die Monsanto-Studie wirklich belegen könne, dass die Fütterung mit genetisch verändertem Mais für Gesundheitsschäden bei den Versuchstieren verantwortlich sei. „Aber bezeichnend ist doch Monsantos Umgang mit der Studie“, sagt Ralf Bilke, Agrarexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Gentechnik sei nun einmal eine Risikotechnologie und die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, über mögliche Gefahren informiert zu werden.

Bislang hatte Monsanto die Studie geheim gehalten und auf das Betriebsgeheimnis verwiesen. Nur eine bewertende Zusammenfassung war veröffentlicht worden. Darin erklärt das US-amerikanische Agrartechnologie-Unternehmen, dass die aufgetretenen Krankheiten bei den Versuchstieren nicht auf die Fütterung mit Genmais zurückzuführen seien. Die Firma beruft sich außerdem auf eine Untersuchung des Bundesamts für Verbraucherschutz, das keine Gesundheitsrisiken festgestellt hatte. Die Richter des OVG entschieden nun jedoch, dass die Beurteilung möglicher „schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit“ den Geheimnisschutz einschränke und Monsanto die gesamte Studie freigeben müsse. Gentechnik-Kritiker sehen sich dadurch in ihrer Haltung bestätigt: Sie glauben nicht, dass die Schädigungen an den inneren Organen der Ratten und das veränderte Blutbild auf Zufall beruhen.

Potenzielle Gesundheitsgefahren, vor denen Gentech-Kritiker schon lange warnen, schätzt man bei der CDU jedoch nicht so bedrohlich ein. „Wir wollen hier in Nordrhein-Westfalen unsere eigenen Erfahrungen mit der Gentechnik sammeln“, so der Agrarexperte Uhlenberg. Das Urteil der Umweltschützer ist deutlich. „Die Politik der CDU bedeutet eine völlige Kehrtwende“, so BUND-Experte Bilke. Zwar erkläre die CDU immer, dass die Verbraucher zwischen gentechnisch veränderter und gentechnikfreier Landwirtschaft wählen könnten. Doch Bilke hält das für irreführend. Durch die so genannte Auskreuzung zwischen Pflanzen breite sich das genmanipulierte Erbgut unaufhaltsam aus. „Aber die bisherige, tendenziell eher gentechnisch-kritische Haltung der Landesregierung ist seit dem 22. Mai wohl Geschichte.“

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