Einfach typisch

Was Niedersachsen ausmacht? Gar nicht so einfach. Es ist mehr als Hannover, mehr als Volkswagen, und auch die Nordsee umspült ja nicht jeden Ort in diesem Flächenland. Regiert wird es von einem Sozialdemokraten. Stephan Weil ist dabei vor allem aufgefallen, weil er kaum je wirklich aufgefallen ist. Bernd Alt­husmann, sein Herausforderer von der CDU, setzt auch nicht eben auf den großen Effekt. In aufgeregten Zeiten wie diesen auf Politiker zu setzen, die ausstrahlen, dass sie nicht viel mehr wollen, als ein Land ordentlich zu verwalten, das ist in der Heimat von Olaf Scholz und Hubertus Heil so normal geworden, wie einen benzingetriebenen VW zu fahren.

Irgendwie normal geworden ist auch die Rolle der Grünen in diesem Spiel. Sie wissen, dass man sie zur Regierungsbildung braucht. Und ihre potenziellen Partner wissen, dass man sich auf sie verlassen kann. Sie wissen auch, dass es die Grünen nicht mehr zerreißt, wenn sie zum Zwecke der Realpolitik Atomkraftwerke in den Streckbetrieb schicken. Im Wendland werden die Haare ja auch nicht mehr so struppig getragen wie zu den Zeiten des Dauerportests gegen ein Atommülllager. Da herrscht jetzt ohnehin eine ganz andere Stimmung. Es ist dennoch etwas übriggeblieben aus der Zeit des alternativen Protestscamps. Eine Art Heile-Welt-Museum ist da entstanden, an dem sich Touristen erfreuen. Solche überschwemmen auch die Küste. Overtourism führt zur Wohnungsnot unter den Einheimischen. Für die Landeshauptstädter ist eine solche längst normal. Überhaupt Hannover. Da, wo noch vor nicht allzulanger Zeit Kerle auf dicke Hose gemacht haben, regiert ein Grüner. Was sagt die Stadt dazu? Nicht viel. Es scheint normal zu sein.

Es gibt also nicht viel Besonderes aus Niedersachsen zu berichten. Aber gerade das ist das Besondere an diesem Land. Es ist ein Muster für die ganze Republik. Andreas Rüttenauer