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Wenn ein Vorurteil ins Leere läuft

Hamburg-Rotherbaum 17.103 Ein­wohner:innen. Damit die Gleise über der Straße liegen, musste vor der Eröffnung des Bahnhofs Dammtor erst ein Wall aufgeschüttet werden. Heute passieren rund 55.000 Reisende pro Tag den Bahnhof.

Am Samstag um kurz nach sechs döste der Hamburger Bahnhof Dammtor in morgendlicher Ruhe. Da ich einen Zug kriegen musste, war ich überpünktlich da und trank noch einen Espresso, bevor ich von der unteren Ebene des Bahnhofsgebäudes zu den Gleisen ging.

Ein Mann stürmte an mir vorbei auf den Lift zu. Ich, hinter meinen Espresso geklemmt, missbilligte stumm: Konnte der Typ nicht Treppe steigen? Er war gesund, unter dreißig und trug kein Gepäck. Na typisch! Solche Typen benutzten auch E-Scooter und stellen die Gehwege zu. Und bestimmt hatte er es nur eilig, weil er für einen Wochenendtrip nach Malle zum Flughafen wollte. Ein Postkartenspruch fiel mir ein: „Menschen – das Böse daran ist das Dumme darin.“

Der Liftfahrer, E-Scooter-Absteller und Malle-Flieger stand immer noch neben dem Lift und sorgte dafür, dass die Tür offenblieb. Von der Seite kam eine junge Frau mit Babywagen. Seine Freundin? Doch als sie den Wagen in die Kabine schob, stieg er nicht ein, sondern wünschte ihr höflich eine gute Reise und ging zum Ausgang des Bahnhofs.

Vermutlich wartete dort sein Fahrrad.

Esther Geißlinger

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