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Umgang mit Rakete

Über einen stetigen Besucher und seine vielen Facetten

Immer im Dezember kommt Rakete für zwei, drei Monate bei uns unter. Ich habe ihn großgezogen und trainiert, und was er weiß, hat er im Großen und Ganzen von mir. Ich habe sozusagen Umgangsrecht und darf ihn einmal im Jahr hüten. Rakete ist ein Kater aus einer früheren Beziehung. Er ist gern bei uns. Allerdings braucht er Zeit zur Umgewöhnung. Das letzte Mal, dass Rakete bei mir war, beobachtete ich, wie er sein Verhalten änderte. Zunächst war er sehr scheu. Verschanzte sich in seinem Versteck. Meine Mitbewohnerin warf schon die Frage auf, ob wir überhaupt eine Katze zu Besuch hatten, und freute sich, als er zutraulicher wurde und das erste Mal mit ihr allein abhing. In den ersten Wochen wollte Rakete nachts immer raus – normales Verhalten, wenn man nach Friedrichshain kommt – und kratzte erst wieder in den frühen Morgenstunden an der Tür. Nachdem er sich ausgetobt hatte, blieb er nachts zu Hause, weckte mich aber zur Unzeit, meist indem er aufs Bett sprang und mir quer über den Kopf lief. Im letzten Monat seines Aufenthalts hatte Rakete verstanden, dass es rein gar nichts bringt, mich so früh zu wecken. Er wartete nun das erste Rascheln meiner Bettdecke ab und kam erst dann, um mich abzuholen. Er läuft dann vor mir her und dreht die Ohren nach hinten, um zu checken, ob ich ihm folge. Meist führt er mich zur Tür und möchte raus. Oder er bringt mich zum Napf, zum Nachfüllen. Am vorletzten Tag seines Aufenthaltes dann plötzlich ein neues Verhalten. Rakete holte mich am Bett ab und lief mit nach hinten gedrehten Ohren in das Zimmer meiner Mitbewohnerin, die gerade auf Dienstreise war. Er hüpfte auf die Fensterbank und schaute einfach nur raus. Er wollte mir, keine andere Erklärung ergibt Sinn, einfach seinen Ausblick zeigen. Im Dezember kommt er wieder. Wir freuen uns jetzt schon. Martin Kaluza