berliner szenen
: Ein Kaffee und ein Herz in die Schale

Vor einem Späti erzählt ein Mitarbeiter einer Frau, dass er in der Nacht seine Insulinpumpe nicht gehört habe. Sie fragt: „Macht die kein Geräusch?“ Er winkt ab: „Keins, das mich aus dem Schlaf reißt.“ Er erklärt: „Es gibt mittlerweile bessere. Aber eine neue bekommt man nur alle vier Jahre.“ Sie meint entsetzt: „Das ist ja gefährlich. Und dumm: Prävention würde sich doch auch für die Kasse auszahlen.“ Er nickt: „Aber was läuft schon rund?“

Sie zuckt mit den Achseln: „Ich bemühe mich immer, das Gute zu sehen.“ Und erzählt, dass der Discounter, für den sie arbeite, seit Neustem 3-Euro-Tüten mit demnächst ablaufendem Obst oder Gemüse verkaufe: „Früher mussten wir das wegwerfen. Jetzt können sich die Leute auf die Art wieder Obst oder Gemüse leisten.“ Der Mann verzieht sein Gesicht: „Drei Euro sind immer noch viel.“ Sie lächelt: „Ich meinte nur, dass es Ansätze gibt, im Kleinen etwas zu bewegen.“

Sie erzählt, dass sie neulich in einem Café eine Spendenbox entdeckt habe: „Da können alle, die einen Kaffee kaufen, zwei zahlen. Für den bezahlten zweiten wirft der Besitzer ein Herz in die Schale. Wenn dann jemand kommt, der sich keinen Kaffee leisten kann, bekommt er einen umsonst.“

Der Späti-Mitarbeiter nickt: „Wenn alle so denken würden, wäre die Welt besser.“ Er geht in den Späti und kommt mit einer Mülltüte wieder: „Leergut für den Studenten.“ Die Frau nickt: „Ja der Arme. Sitzt immer noch auf der Straße. Aber freut sich immer, wenn ich ihm Flaschen bringe und sage, er solle sich mal auf sein Studium konzentrieren, statt Flaschen zu sammeln.“ Sie lächelt: „Letztes Mal hat eine Frau mitbekommen, wie ich ihm die Flaschen gebe und meinte: ‚Tolle Idee. Und so einfach. Das mache ich jetzt auch. Fühlt sich sicher gut an.‘‘‘ Eva-Lena Lörzer