Ein Bier, ein Whiskey und gute Musik

Allein in der Bar und doch heimisch fühlen: Das kultiviert die 8MM Bar im Prenzlauer Berg, die ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Ein Label, ein Festival und eine Destillerie gehören dazu

Peter Mangan und Alex „Olli“ Remzi am Tresen der 8MM Bar Foto: Francisco Parisi

Interview Robert Mießner

taz: Alex „Olli“ Remzi und Peter Mangan, ihr feiert seit einigen Wochen 20 Jahre 8MM Bar und werdet das auch noch eine Weile tun. Was aber war kurz nach der Jahrtausendwende euer Antrieb zur Bargründung?

Olli: Als ich angefangen habe, gab es unzählige Bars hier in der Gegend. Und natürlich haben viele Leute gefragt, ob die Gegend hier noch ein weiteres Lokal braucht. Was mir mit meinem Hintergrund aus Washington DC und New York fehlte, waren Bars, in die ich als introvertierter Mensch auch alleine gehen konnte. Ich hatte Lieblingsbars im Prenzlauer Berg, die NBI in der Schönhauser Allee oder das Coffy Ecke Immanuelkirch-/Winsstraße, aber da waren immer diese kuschligen Sitzecken. Ich wollte eine Bar, in die ich alleine gehen kann, um ein Bier oder einen Whiskey zu trinken, ohne mich beobachtet zu fühlen. Und Musik sollte dabei sein. Ich hatte das in einer kleinen Kneipe in Barcelona erlebt, im Benidorm. Da liefen Siouxsie & the Banshees, Pulp und die Stooges, und ich habe mich in der Fremde heimisch gefühlt. So etwas wollte ich mitbringen. Was mich freut, ist, dass die 8MM Bar ein Ort geworden ist, an dem nicht nur Musik läuft, sondern Musik entsteht, in dem sich Musiker treffen.

Peter, was war dein erster Eindruck von der Acht und welche Musik lief?

Peter: Ich bin 2008 mit meiner Band Sun and the Wolf aus Neuseeland nach Berlin gekommen und schnell in der 8MM Bar gelandet. Solche Orte kannte ich aus dem Neuseeland, aus dem ich kam, einfach nicht. Die 8MM Bar erinnerte mich eher an New York. Und ich erinnere mich an diesen speziellen Mix aus Siouxsie & the Banshees, Stooges und Joy Division, den ein DJ auflegte. Ich sagte mir, das ist der Ort, an dem du von jetzt an sein willst.

Siouxsie, Pulp und Joy Division, das ist doch klassische Musik für Introvertierte.

Peter: Aber nicht die Stooges! Und ich mag Johnny Thunders. Ist der introvertiert?

Die 8MM Bar hat ein volles Programm mit DJs und Konzerten. Kurz vor unserem Interview haben Henryk Gericke und Thomas Thyssen Darkwave aufgelegt. Danach gab es japanischen Jazz mit Laura Cherry and DUC und türkischen Psych mit Robert Mirolo and Leonard Taylor. Gibt es so etwas wie eine 8MM-Ästhetik?

Olli: Musik ist ein unendlicher Brunnen, aber ja, es gibt eine DiY-Linie, die für mich bei den Velvet Underground, den Stooges – jetzt haben wir sie dreimal erwähnt, und warum auch nicht – über Krautrock zu Postpunk führt. Für unsere DJ-Abende war auch jemand wie Joe Dilworth von Stereolab entscheidend, der hier aufgelegt hat. Und lange Zeit konnten unsere DJs mit ihren tollen Plattensammlungen aus der Nachbarschaft kommen. Das heißt, sie konnten es sich damals leisten, hier zu wohnen.

Peter: Fahre mal Dienstagnacht vom Senefelderplatz zurück nach Neukölln mit einem Plattenkoffer. Das überlegst Du dir. Trotzdem habe ich, seitdem ich das Booking mache, gewollt, dass es da eine Kontinuität gibt.

Worauf achtet ihr, wenn ihr euer Programm zusammenstellt?

Peter: Leidenschaft und Qualität.

Worauf möchtet ihr bei euren Geburtstagsfeiern besonders hinweisen?

Peter: Ende Oktober wird unser 8MM-Magazin erscheinen …

Olli: … die Jubiläumsnummer und die zweite Ausgabe. Wir arbeiten dabei mit den Künstlerinnen Olga Karatzioti und Olya Dyer zusammen. Beide hatten für unser Synästhesie-Festival 2019, als Stereolab die Headliner waren, eine Zeitschrift produziert, das war die erste Ausgabe. Dann kam die Pandemie. Jetzt geht es weiter, und das ist ein großer Schritt, mit der Bar, aus der sich ein Plattenlabel entwickelt hat, das 2015 dann ein Festival auf den Weg brachte.

Was war der Gedanke hinter dem Label?

Olli: Wir wollten jener Musik, der wir einiges schulden, ein Dach geben und haben uns an die Musiker gerichtet, die im Umfeld der Bar ihre Demos produziert haben. Ein Beispiel ist die Blue Angel Lounge, eine deutsche Band, die ihrerseits im Psychedelic-Rock verwurzelt ist. 8MM Musik war von 2006 bis 2021 aktiv. So steht es auf unserer Gedenktafel. Aber wir sind ja noch da.

Wer kommt eigentlich in die Bar hinein, wer nicht? Und wer fliegt raus?

Die Bar: 8MM Bar, Schönhauser Allee 177b, 10119 Berlin

Die Betreiber: Alex „Olli“ Remzi hat die Bar 2002 gegründet und konzentriert sich mittlerweile auf das Synästhesie-Festival und die Produktion in der 8MM-eigenen Old Well Distillery. Peter „Magnum“ Mangan ist seit 2021 an Ollis Seite Geschäftsführer der Bar.

Die Termine: 25. Oktober: Vorstellung des 8MM-Magazins. 18.–19. November: Synästhesie-Festival, Kulturbrauerei, Schönhauser Allee 36, 10435 Berlin, u.a. mit Slowdive, Tricky, Jon Spencer and the Hitmakers und Gewalt.

Weitere Infos unter: https://www.8mmbar.de, https://www.synfest.com, https://oldwell.de/

Olli: Wir haben da keine Politik. Jeder hat die gleiche Chance. Es geht um Respekt, Respektlosigkeit unseren Gästen oder unserem Türsteher gegenüber geht natürlich nicht …

Peter: …das gilt auch unserem Barpersonal gegenüber.

Wie schmeckt die 8MM Bar?

Peter: Nach Melloch, Ollis Kräuterschnaps …

Olli: … jetzt gibt es Gin und Absinth. Ich bin tatsächlich Destillateur geworden und mache das sehr gerne.

Kann man eigentlich in der 8MM Bar heiraten?

Olli: Das wäre ein Debüt. Ich habe aber von Kindern gehört, die sich der Bar verdanken.