LESERINNENBRIEFE
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Lernen aus dem 5-Mark-Drama

■ betr.: „Grüne wollen neue Ökosteuern“, taz vom 29. 5. 12

Aus dem 5-Mark-Drama von 1998 sollten die Grünen zweierlei gelernt haben: 1. Abgaben zur Korrektur nicht nachhaltiger Strukturen müssen als Vorteil für die Allgemeinheit und verständlich erklärt werden. 2. Sie müssen Abgaben bleiben mit festgeschriebener Verwendung, damit sie nicht (in einer späteren Koalition) für andere Zwecke verwendet werden können. Die 5 Mark für den Liter Sprit waren vielleicht ökologisch sinnvoll, aber nur als Provokation verstanden worden von einem Volk, das es auch 14 Jahre später noch nicht zu einer Geschwindigkeitsbegrenzung geschafft hat. In diesem Umfeld und in einem zusammenwachsenden Europa war die Forderung Dummheit. Also „öko“ bleibt nur „öko“, wenn daraus nicht eine inzwischen völlig vergessene Unterstützung der Rentenkassen gemacht wird. Die Dänen hatten es 1976 vorgemacht und mit ihrer Effizienzabgabe zur Förderung von Wärmekraftkoppelung ihren Stromerzeugungswirkungsgrad ungefähr verdoppelt, während wir nur ihre spektakulären Windräder bewunderten.

HANSPETER MAIER, Mörfelden

Netzmachthaber

■ betr.: „Energiewende wird noch teurer“, taz vom 31. 5. 12

Energiewende? Hört sich gut an, aber was geschieht? Massive Kampagnen für den scheinbar unausweichlichen und teuren Netzausbau. Schon wieder werden Großprojekte geplant, werden Kostenlügen verbreitet und Bürger, die sich dagegen stellen, als ewige Neinsager verteufelt. Die Netzbetreiber wollen uns glauben machen, dass es Wind nur in Norddeutschland gibt und dieser dann über „Stromautobahnen“ nach Süden transportiert werden muss. Schon mal was von Wind auf den Schwarzwaldhöhen gehört? Wir erleben jetzt, wie die vier Netzmachthaber versuchen, sich ihr Geschäftsmodell des Stromhandels zu sichern. Denn Machtverlust hieße Gewinnverlust. Was spricht eigentlich dagegen, dass bei jedem Neubau auch eine Mindestmenge an eigener Energieerzeugung (Solar-, Wind…) mitgeplant werden muss? Regionale Energieerzeugung statt unkontrollierbarer Großprojekte könnte schneller, günstiger und mit Akzeptanz der betroffenen Bürger realisiert werden. SUSANNE GLAUBITZ, Freiburg

Abkehr vom Konsumismus

■ betr.: „Grüne Kuschelecke“, taz vom 24. 5. 12

Ich stimme Hanna Gersmann voll zu, dass die grüne Kuschelei ein Ende haben muss. Nur, wer soll denn mehr Druck machen? Die Oppositionsparteien spülen sich für den Wahlkampf weich, die Basis weiß nicht genau, wogegen oder wofür sie auf die Straße gehen soll – und in der taz wird über den Nachhaltigkeitsbegriff gelästert, ohne Orientierung zu geben. Aber Nachhaltigkeit ist mehr als ein cooler Lebensstil oder eine Aufwärmübung für die Energiewende. Es geht um ein neues Zivilisations- und Wirtschaftsmodell über den deutschen Tellerrand hinaus. Gerade in der Verkettung von Ökologie, Ökonomie und Gerechtigkeit liegt ein geradezu revolutionäres Element. Ökologie ist ohne eine Abkehr vom Konsumismus und BIP-Wachstum nicht denkbar. Und ohne Umverteilung und sozialen Widerstand im globalen Maßstab kommt die ökologische Katastrophe. Aber wo wird das so klipp und klar gesagt? Auch die taz dreht sich häufig nur im Kreis von nationaler Energiewende, PV-Einspeisevergütung, neuen Stromtrassen in Deutschland und der Frage, ob die Bundesregierung die Energiewende nicht doch noch hinbekommt. PETER SEEGER, Osnabrück

Keine Präferenz fürs Angestelltendasein

■ betr.: „Einzelpraxis nicht mehr attraktiv“, taz vom 26. 5. 12

Die Aussage, dass sich 90 Prozent der angehenden Ärztinnen und Ärzte wünschen, als Angestellte zu arbeiten, ist überraschend. Anzunehmenderweise wissen bereits Medizinstudent/innen, wie miserabel die Arbeitsbedingungen in deutschen Kliniken für Ärzte sein können. In der Originalquelle auf der Seite des Hartmannbunds (www.hartmannbund.de/uploads/2012_Umfrage-Medizinstudierende.pdf) finden wir die Aussage, dass sich 73 Prozent der an der Umfrage Teilnehmenden aktuell für eine angestellte Tätigkeit entscheiden würden. Für Berufsanfänger naheliegend. Es können sich dann allerdings 85 Prozent vorstellen, sich nach einer Zeit als Angestellter niederzulassen. Wozu die eingangs zitierte 90-Prozent-Aussage allenfalls passt, ist, dass dieser Anteil sich bevorzugt niederlassen würde im Rahmen eines Medizinischen Versorgungszentrums oder einer Gemeinschaftspraxis statt in Einzelpraxis. Das ist aber etwas anderes als die Präferenz für ein Angestelltendasein. MICHAEL SPECKA, Bochum