PDS WIRD LINKSPARTEI: RISKANTER ABSCHIED VOM SOZIALISMUS
: Alles für den Westen

Auf den ersten Blick scheint die geplante Umbenennung der PDS in „Die Linkspartei“ eine für die Öffentlichkeit minder interessante Angelegenheit. Die aus der SED hervorgegangene Partei hieß auch schon „SED/PDS“ und „Linke Liste/PDS“ oder nannte sich „Gysis bunte Truppe“. Wäre „Die Linkspartei“ also nur ein weiteres Etikett? Nein. Der Abschied vom Kürzel PDS ist keine Äußerlichkeit, sondern markiert eine substanzielle Veränderung. Die Partei des demokratischen Sozialismus gibt den Sozialismus auf – trotz gegenteiliger Beteuerungen der Parteiführung.

Man mag einwenden, der Sozialismus in Namen und Programm der PDS sei seit Jahren schon ein Folklorebegriff. Die Abschaffung des Privatbesitzes an Produktionsmitteln strebt die Partei seit der Wende nur noch in Sonntagsreden an. Doch darum geht es nicht. Das S im Kürzel PDS stand – nicht im Programm, aber in der Wahrnehmung der Wähler – nicht für einen Sozialismus à la Marx, sondern für einen Sozialismus à la Honecker. Für ein Land ohne Ausländer, Drogen und Arbeitslosigkeit, wo es noch Nachbarschaftshilfe und Brigadeausflüge gab. Genauer: für die folgenlose Erinnerung daran. Denn wirklich wiederhaben will Mauer und Mangelwirtschaft keiner.

Die PDS-Anhänger als mentale Heimatvertriebene zu verspotten, fällt leicht. Aber die PDS kämpft immerhin darum, dass sich der Zorn in den neuen Ländern gegen den Westen oder „die da oben“ richtete. Ihre Konkurrentin um die beleidigte ostdeutsche Volksseele, die NPD, bietet hingegen Minderheiten als Feindbilder. Die Aufgabe des „Sozialismus“ bei der PDS als Abgrenzung zum Westen ist auch deshalb riskant.

Bisky und Gysi tun dies, weil sie mehr wollen. Die Verstärkung durch Lafontaine und die WASG ist dabei eher ein kurzfristiger Effekt. Langfristig arbeiten Bisky und Gysi an ihrem Traum, einer gesamtdeutschen Linken nach dem Vorbild der erfolgreichen italienischen Postkommunisten. Das war ja immer der große Widerspruch der PDS: Ihre Ostidentität hielt sie am Leben, verhinderte aber Erfolge im Westen. Die sollen jetzt erzwungen werden – um den Preis des möglichen Untergangs im Osten. ROBIN ALEXANDER