Schweizer Bahnchaos: Kurzschluss war schuld

Stromausfall im Hauptnetz, Ersatznetz wegen Bauarbeiten ausgeschaltet – 200.000 Reisende saßen zwei Stunden fest

BERLIN/BERN taz/dpa ■ Ein Kurzschluss war schuld daran, dass am Mittwochabend der Zugverkehr in der gesamten Schweiz still stand. Wie ein Sprecher der Schweizer Bundesbahnen (SBB) gestern mitteilte, trat die Panne an einer Baustelle im Kanton Uri aufgetreten. Die Stromversorgung des Netzes wurde daraufhin in zwei Teile getrennt. Im Norden floss jedoch zu wenig, im Süden zu viel Energie. Dies führte um 17.47 Uhr zum kompletten Zusammenbruch. Ein für Notfälle vorgesehene Ersatzleitung war wegen Bauarbeiten ausgeschaltet. Die Deutsche Bahn AG beeilte sich, eine solche Panne hierzulande auszuschließen: Die Stromversorgung sei ausreichend dezentralisiert.

Erst gegen 20 Uhr gelang es am Mittwoch, den Stromfluss wieder in Gang zu bekommen. Um 22 Uhr fuhren die Züge wieder, wenn auch nicht nach Fahrplan. Um die 200.000 Reisende saßen bei über 30 Grad fest. Die Klimaanlagen fielen aus. Trotzdem blieb die Stimmung gelassen. Lediglich in Tunnels versuchten Leute, im Dunkeln zu Fuß ins Freie zu gelangen – lebensgefährlich, weil die SBB mit Dieselloks versuchte, die Züge in Bahnhöfe abzuschleppen. Gleichzeitig charterte sie eilig im ganzen Land Busse als Ersatzverkehr. Außerdem wurden 200.000 „Sorry“-Rail-Schecks im Gesamtwert von 1,95 Millionen Euro an die Kunden verteilt.

Für die pünktlichkeitsgewohnten Schweizer, die stolz auf ihre SBB sind, führen solche Vorfälle leicht zum kollektiven Trauma. Das Land verfügt über eines der dichtesten Schienennetze der Welt. Bahnfahren genießt in der Schweiz eine weitaus höhere Akzeptanz als hierzulande. Viele Schweizer benutzen den Zug per „Generalabo“ das ganze Jahr über als Hauptverkehrsmittel. 87 Prozent aller gefahrenen Personenkilometer und fast 90 im Güterbereich erbringt die SBB – Zahlen, von denen die Deutsche Bahn nur träumen kann. KK