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die gesellschaftskritikKein Dementi als Bekenntnis

Trans Model Ines Rau und Fußistar Kylian Mbappé haben sich gern – oder auch nicht

Ob deutsche Jungens und Mädel in der Zukunft noch wissen dürfen, wer Winnetou war, wird derzeit als eines der Hauptpro­bleme dieses Landes verhandelt. Währenddessen liegt Malte C. im Koma. Bei einem Überfall am Rande des CSD in Münster wurde der trans Mann erst ho­mo­feind­lich beleidigt, dann brutal zusammengeschlagen, eine Randnotiz im armseligen Kosmos der Cancel-Prediger.

Die Welt aber dreht sich den deutschen Verhältnissen zum Trotz weiter, der Fortschritt lässt sich auch durch noch so viele Diskursgeschosse aus der Silberbüchse einfach nicht aufhalten. Seit einigen Monaten bereits werden der derzeit wohl beste Fußballspieler der Welt, der Franzose Kylian Mbappé (23) und das Model Ines Rau (32) zusammen gesehen und von Paparazzi bei scherzenden Spielen auf Filmfestivals und Yachten fotografiert, wo Jetset-Menschen eben ihre Zeit verbringen, wenn sie nicht arbeiten.

Apropos Arbeit: „Standing on the right side of history“ hieß es schon 2017 beim Playboy, als das Magazin eine Bilderstrecke mit Ines Rau präsentierte, dem ersten trans Model, das Playmate des Monats wurde. All den Hatern, die damit nicht klarkämen, teilte die Redaktion mit: „Für die, die das nicht ertragen können, Hugh Hefner hat für die Rechte aller Menschen gekämpft. Das ist wunderschön anzuschauen.“

Wunderschön ist natürlich auch, wie aus einem Bild, das zeigt, wie Mbappé Rau auf Händen trägt, schon eine Romanze entsteht, und die Blättchen dieser Welt sich immer gegenseitig als Quelle für eine bestehende Beziehung der beiden angeben, während sich die Betroffenen zu der ganzen Sache gar nicht erst äußern.

Und doch liegt eben darin der Clou: Denn noch 2009 feierten die journalistischen Aasjäger der Bild-Zeitung tierisch mit der Schlagzeile ab: „Ronaldos Skandal-Transe tot“. Fußballstar Ronaldo – für Bild: „Transnaldo“ – hatte vergeblich versucht, seine Kontakte zu drei brasilianischen trans Prostituierten 2008 durch Geldzahlungen geheim zu halten.

Und genau deswegen brauchen wir heute keine Bestätigung von Ines Rau oder Kylian Mbappé; es reicht völlig aus, dass sie ihr Techtelmechtel nicht dementieren, um zu verstehen, dass der Ball der Emanzipation immer weiterrollt, auch wenn ältere Herrschaften das Spiel schon immer gern genau dann abpfeifen möchten, wenn sie selbst nicht mehr mithalten können. Ambros Waibel

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