Saft mit Kraft

Die Genossenschaft Akowia will alte und oft bloß regional verbreitete Apfelsorten schützen – für die Vermarktung im großen Stil fehlt das Geld

von Anja Humburg

Ernst Schuster ärgert sich. Immer bloß liege Golden Delicious, verpackt im Plastikbeutel oder gepresst im Tetra Pak, in den Regalen der Supermärkte – warum nicht Ananasrenette, Klausdorfer Häger oder Dithmarscher Paradiesapfel? „Alte und oft bloß regional verbreitete Apfelsorten wie diese stehen höchstens noch im eigenen Garten oder auf der privaten Streuobstwiese, nicht auf den Tafelobstplantagen“, bedauert der studierte Gartenbauer. Dem abzuhelfen gründete Schuster im März 2002 die Genossenschaft Akowia mit Sitz in Raisdorf bei Kiel.

Gerade die hochstämmigen und großkronigen Bäume dieser Sorten seien schützenswert: „kleine Ökomilieus“, die im Gegensatz zu den „Einheitsbäumchen“ der Großproduzenten „Lebensraum für bis zu 1.000 Tierarten“ böten. Den Gedanken vom ganzheitlichen Naturschutz, für den der Arbeitskreis Obstwiesen Apfel (kurz Akowia) steht, setzt der Vorsitzende Schuster zusammen mit einer handvoll ehrenamtlich Tätiger um: „Vertraglich abgesegnet“ verpflichten sich mittlerweile knapp 100 Apfelbauern, ihre alten Bäume zu pflegen, weder Pestizide noch Düngemittel einzusetzen und die Früchte in einer der beiden Vertragsmostereien im schleswig-holsteinischen Grebin abzuliefern.

85.000 Kilo Äpfel verarbeiteten diese Pressanlagen im vergangenen Jahr. Das Ergebnis ist kein standardisierter, sortenreiner Saft, sondern „eine individuelle Herausforderung für die Zunge“, verspricht Schuster. Drei Mosttermine pro Jahr bestimmen, ob er eher mild, fruchtig oder trocken schmeckt – je später die Ernte, desto herber der Saft.

Diese Geschmacksvielfalt sollte dem Käufer die 1,90 Euro pro Flasche wert sein, ist der Obstbauer überzeugt. Hobbygärtnern und sogar ein paar Großproduzenten wird das aufwendige Pflücken in ausladenden Kronen finanziell versüßt: Statt fünf bis sieben Euro, wie bei konventionellem Obst üblich, zahlt Akowia neun Euro pro Doppelzentner, Genossenschaftsmitgliedern sogar 13. Ein Drittel des Geldes wird in Most ausgezahlt.

Einige Hof- und Feinkostläden führen den Raisdorfer Fruchtsaft bereits. Für eine Vermarktung in großem Stil jedoch fehlt es noch an Geld, besonders für Werbung, um beispielsweise mit Ständen auf Messen und Einkaufsmeilen den Bekanntheitsgrad in der Region zu erhöhen: „Mit 2.000 Euro mehr kämen wir unserem Ziel, den Schutz von Biodiversität mit ökonomischem Nutzen zu verbinden, schon näher“, glaubt Schuster.

Diese Summe beantragte die Genossenschaft Anfang April bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in Osnabrück, die im Rahmen des Naturschutzprojektes Muna ehrenamtliches Engagement in diesem Bereich fördert. Jetzt kam die Ablehnung. „Man traut uns das Überleben nicht zu“, vermutet Schuster.

Zu Unrecht, wie er meint. Der Akowia-Apfelsaft beginnt sich zu etablieren: Zwei Supermärkte in Kiel und Schönkirchen haben ihn fest im Bestand. Der Hamburger Getränkehändler Ludger Waltherbusch verkauft daneben auch die Marke „Hofgarten“, die mit dem Raisdorfer Saft und tropischem Mangomark Regionales mit Exotischem mixt.

Akowia Produktions- und Handelsgenossenschaft e. G., www.akowia.de oder Ernst Schuster: ☎ 0172/410 79 75