Jugendliche bangen um Spielparadies

Altonaer Jugendamt will alle Jugendeinrichtungen im Zentrum von Lurup schließen – nach Mittelkürzungen des CDU-Senats. Ein einst Millionen teures Spielgelände in einem der ärmsten Hamburger Stadtteile droht den Bewohnern verloren zu gehen

von Eva Weikert

Ali kurvt auf seinem Fahrrad um die Skating-Anlage. „Woanders in Lurup gibt es sowas Geiles nicht“, sagt der 17-Jährige. Mit dem Kopf nickt er in Richtung Halfpipes, in denen mehrere Jungen und Mädchen skaten. Dahinter ragt ein Kletterfelsen auf, neben einem Basketballfeld liegt ein Bolzplatz, auf dem Jugendliche spielen. Doch damit soll jetzt Schluss sein: Das Haus der Jugend in Lurup, zu dem das Gelände gehört, soll nach dem Willen des Altonaer Jugendamtes dicht machen. Und nicht nur das: Auch der einzige weitere Jugendtreff im Zentrum des Stadtteils, das Luur up, muss schließen. Ali meint, „dann wird es hier für Jugendliche sehr kritisch, dann gibt‘s mehr Kriminalität“.

Vom Pastor bis zum Stadtteilbeirat sind die Luruper ob der Jugendamtspläne in großer Sorge. Das Amt will den Werkstatt- und Freizeittreff Luur up und das Haus der Jugend in den Norden des Quartiers verlegen und dort unter einem Dach an einer Durchgangstraße unterbringen. Das neue Gebäude sei nicht einmal halb so groß wie das 900 Quadratmeter große Haus der Jugend, kritisiert Sabine Tengeler, zuständig für Quartiersentwicklung im Stadtteilbeirat.

Viel schwerer aber wiege, dass die Unterkunft kein Außengelände hat und von der verkehrsreichen Spreestraße und Wohnblocks umgrenzt ist. „Da kann man nicht mal Tischtennis spielen, ohne dass Anwohner sich gestört fühlen“, so Andrea Faber vom Verein Böv 38, dem das Haus der Jugend gehört: „Krachmachen oder Bewegung ist nicht drin.“ Am Böverstland, der Sackgasse, in der die Böv-Einrichtung liegt, stehen 9.000 Quadratmeter Außenareal zur Verfügung. Faber wundert sich, dass die von der Stadt 2000 in die Gestaltung investierten 260.000 Euro nun „einfach vergessen sind“.

Das Amt verteidigt indes seine Schließungspläne. Wegen Mittelkürzungen im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit, die der CDU-Senat 2004 beschloss, „müssen wir uns auf die Brennpunkte konzentrieren“, so Mitarbeiter Heiner Wiese: „Nach unserer Einschätzung ist Lurup-Zentrum weniger problematisch als der Norden.“ Einsparungen von 60.000 Euro seien zu erbringen. „Das können wir nur über Mieteinsparungen“, so Wiese. Der Mietvertrag mit Böv 38 sei zum 31. Januar 2006 gekündigt.

Sechs Euro kalt nimmt der Anwohner-Verein pro Gebäudequadratmeter, im Gegenzug zahlt er Pacht für das Außengelände an die Stadt. Bis zu 60 Besucher und eine integrierte Kita nutzen täglich die zwei Sporthallen. Auch Musik- und PC-Räume sowie Schularbeitenhilfe und Verköstigung bietet das Haus. Stadtteilbeiratsmitglied Tengeler warnt: „Ist hier einmal zu, dann wird auch die Spielanlage nicht lange halten, sondern vandaliert. Das ist hier kein Selbstgänger.“ Die Jugendlichen benötigten Betreuung. Das Argument des Amtes, diese sei im gediegeneren Zentrum verzichtbar, lässt auch Faber nicht gelten: „Zu uns kommen Jugendliche aus ganz Lurup, viele haben es in sich.“ Und der örtliche Pastor Siegfried Kurzewitz warnt, vor allem das Luur up erreiche viele Jugendliche aus dem Brennpunkt-Viertel Osdorfer Born, das nur einen Kilometer südlich liege.

Andy skatet sogar bei Regen über die Halfpipes, wie er sagt. In die Spreestraße zu fahren, „ist viel zu weit“. Außerdem sei da „nur Straße“, sagt der 16-Jährige, der zu Hause weder Balkon noch Garten hat. Das Gehölz am Rande der Anlage nennen Andy und die anderen denn auch den „Zauberwald“. Ob ihr Treffpunkt erhalten bleibt, entscheidet jetzt der Altonaer Jugendausschuss auf einer Sondersitzung am 18. August.