Erst sanieren, dann übernehmen

Finanzrechtler: Stadtstaaten werden vor Gericht weitere Bundeshilfen erstreiten

bremen taz ■ Na, das hört sich doch alles gut an, was Joachim Wieland von der Universität Frankfurt den Gästen der Ringvorlesung „Die Zukunft der Stadtstaaten“ in der Stadtbibliothek vorträgt. Denn der Prozessbevollmächtigte des Landes Berlin referierte über „die extreme Haushaltsnotlage in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und den Normenkontrollantrag Berlins“. Für Bremen ein interessantes Thema, da ja auch das kleinste Bundesland vor Gericht ziehen will, um Bundesmittel zur Sanierung des Bremer Haushalts einzuklagen. Und auch wenn Joachim Wieland nicht über Bremen sprechen wollte, drehte sich die Diskussion fast ausschließlich darum.

Der Professor machte den Bremern Hoffnungen. Es spiele aus juristischer Sicht keine Rolle, warum ein Bundesland in eine extreme Haushaltsnotlage geraten sei. Der Bund und die anderen Bundesländer stünden in der Pflicht zur Sanierungshilfe, so der Jurist – und zwar schon wenn diese extreme Haushaltsnotlage drohe. Das sei im wesentlichen der Beschluss des Bundesverfassungsgericht von 1992, nachdem Bremen und das Saarland Sanierungshilfen bekommen hätten, und daran habe sich nichts geändert. Das notleidende Bundesland müsse jedoch auch erhebliche Eigenanstrengungen unternehmen, um seinen Haushalt zu sanieren. „In Berlin war es manchmal wohl so, dass viele Politiker gesagt haben: Wir können ja Schulden machen wie wir wollen, die anderen werden uns schon helfen“, so Wieland, der ebenfalls mehr Anreize forderte, dass Haushaltsrisiko zu minimieren. In Berlin habe sich über 50 Jahre eine Subventionsmentalität durchgesetzt, die erst langsam abgebaut werde. Bremen bekam immerhin zehn Jahre lang Bundeshilfen, der Haushalt wurde jedoch nicht saniert.

Wieland rechnet fest mit einem für die Stadtstaaten positiven Urteil des Verfassungsgerichtes. Wie hoch die Bundesergänzungszuweisungen ausfallen, kann er jedoch nicht sagen. In einer anderen Frage machte er den Bremern Mut: „So lange die Haushalte nicht saniert sind, werden weder Brandenburg noch Niedersachsen daran denken, die Stadtstaaten Berlin oder Bremen zu übernehmen“. ky