Eine Frage der Haftung

Klettern ist Teil der Multisport-EM in München. Yannick Flohé möchte eine Medaille gewinnen

In der Wand: Flohé   Foto: ap

Man fühlt sich an Spiderman erinnert, wenn Yannick Flohé an der Wand klebt. Den 68 Kilogramm schweren Essener halten mitunter nur seine Fingerkuppen. Flohé ist Deutschlands bester Kletterer und gehört bei der Heim-EM in München zu den Topfavoriten. „Meine Ansprüche sind gestiegen. Ich will nicht mehr nur mitklettern“, sagt Flohé, „ich traue mir den Sieg zu.“ Dabei begann sein Jahr mit einem Absturz.

Der Deutsche Alpenverein (DAV) startet mit 20 Athleten in die Kletterwettkämpfe vom 11. bis 18. August, die im Rahmen der European Championships stattfinden. Neben den Einzeldisziplinen Speed, Bouldern und Lead (Vorstiegsklettern am Seil) wird am Münchner Königsplatz das neue Kombinationsformat „Boulder & Lead“ ausgetragen, das auch bei Olympia 2024 in Paris im Programm ist. Akrobatische Bewegungen, kraftvolle Sprünge an der Wand oder ungewöhnliche Körperpositionen gehören zum abgefragten Repertoire an den Griffen.

Kein Deutscher meistert die anspruchsvollen Routen in dieser Saison so gut wie Flohé. Im Bouldern feierte der Sportler von der Sektion Aachen im Juni seinen ersten Weltcup-Sieg. Im Lead verpasste Flohé das Podium zuletzt mehrmals knapp. Das alles nur wenige Monate nach einer üblen Verletzung.

Anfang Januar war der Bronzemedaillengewinner der WM 2019 beim Felsklettern abgestürzt, brach sich den Fuß und konnte eine Zeit lang nur einbeinig trainieren. Die konstanten Erfolge in dieser Saison überraschen daher auch den Sportdirektor. „Damit hätte man nicht rechnen dürfen“, sagt Martin Veith. Flohé bezeichnete seine Verletzung hingegen als „noch ganz angenehm. Ich konnte ja weiter trainieren.“

Am Donnerstag startet der Kraxler aus dem Ruhrgebiet in der Boulder-Qualifikation der EM. Ohne die im internationalen Feld dominierenden Japaner rechnet sich Flohé gute Chancen aus. „Am meisten liegen mir steile, kraftbetonte Routen“, sagt der 22-Jährige. Dynamische Sprünge oder „anderes abgefahrenes Zeug“ seien nicht so seins: „Da bin ich old School“, erklärt der Allrounder, dessen Eltern früher ebenfalls Wettkampfkletterer waren.

„Am meisten liegen mir steile, kraft­­betonte Routen“

Yannick Flohé, Kletterer

Insgesamt zeigt sich die deutsche Kletterriege in dieser Saison erfolgreich wie lange nicht mehr. Neben Flohé ruhen die Medaillenhoffnungen vor allem auf den Boulder- und Leadkletterern Hannah Meul (DAV Rheinland-Köln) und Alexander Megos (Erlangen). Im Speed, wo die Sportler in irrwitzigem Tempo eine 15 Meter hohe und fünf Grad überhängende Wand hochrasen, gehört die Wuppertalerin Franziska Ritter (Düsseldorf) zu den Anwärterinnen auf Edelmetall. (dpa, taz)