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Abhörskandal in Griechenland Rücktritt der rechten Hand

Der Generalsekretär und Neffe des griechischen Premiers Mitsotakis tritt zurück. Er soll Beziehungen zu einer Spyware-Firma unterhalten haben.

Rücktritt nach Abhörskandal: Giorgis Dimittriadis Foto: George Kontarinis/Eurokinissi/ap

ATHEN taz | Rücktritte sind in Griechenland selten. Erst recht, wenn es sich um Regierungsmitglieder handelt. Doch am Freitag trat Grigorios Dimitriadis in Athen zurück. Das ist der Neffe des griechischen Premierministers Kyraikos Mitsotakis und fungiert als Generalsekretär in dessen Büro. Ohne Dimitriadis gehe in der Regierung Mitsotakis gar nichts, wird in Athen behauptet.

Hintergrund für Dimitriadis' überraschenden Rücktritt ist ein in Griechenland seit Monaten schwelender Abhörskandal. Im Frühjahr war zunächst der Fall eines Athener Wirtschaftsjournalisten bekannt geworden. Auf seinem Smartphone wurde die berüchtigte Spyware Predator gefunden.

Der Journalist, der sich auf Skandale im griechischen Bankenwesen spezialisiert hat, wirft der Regierung in Athen vor, hinter der Überwachung seines Smartphones zu stecken. Die Regierung Mitsotakis ließ die Vorwürfe jedoch an sich abperlen.

Gleichwohl gab vor wenigen Tagen der Chef des Griechischen Geheimdienstes EYP, Panagiotis Kontoleon, vor einem Ausschuss des Athener Parlaments zu, dass Koukakis' Smartphone im Jahr 2020 von seiner Behörde überwacht worden sei.

Der Geheimdienst steht unter der Kontrolle des Premiers

Premier Mitsotakis hatte EYP in einer seiner ersten Amtshandlungen unter seine direkte Kontrolle gestellt. Kontoleon wiederum war von Mitsotakis persönlich zum EYP-Chef ernannt worden, obwohl er die eigentlich erforderlichen Qualifikationen nicht aufwies. Mit den Stimmen der regierenden Partei wurde ein Gesetz geändert, das eine Berufung Kontoleons somit ermöglichte. Die Oppositionsparteien protestierten damals vehement gegen die Gesetzesänderung.

Politisch so ernst wie heikel ist nun aber ein weiterer Fall im Abhörskandal. Am 26. Juli erstattete Nikos Androulakis, Abgeordneter des Europaparlaments und Chef der oppositionellen Pasok-Sozialdemokraten, bei der Staatsanwaltschaft des Obersten Gerichtshofes in Athen Anzeige gegen Unbekannt.

Er sei „vor wenigen Tagen von der zuständigen Dienststelle des Europaparlaments über die versuchte Installierung der Spyware Predator auf seinem Smartphone informiert“ worden, so Androulakis.

Dass Dimitriadis oder andere Regierungsmitglieder in den Abhörskandal involviert sein könnten, ist nicht gerichtsfest erwiesen. Dimitriadis bestreitet jegliche Beteiligung. Doch am Donnerstag wiesen Investigativjournalisten des Netzwerks „Reporters United“ geschäftliche Verbindungen zwischen Dimitriadis und dem Geschäftsmann Felix Bitzios nach. Bitzios war stellvertretender Geschäftsführer der Firma Intellexa, die das Spionageprogramm Predator vertreibt.

Sowohl Dimitriadis als auch EYP-Chef Kontoleon traten nach Veröffentlichung der Recherche von ihren Posten zurück.

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