Afrika schweigt nicht mehr zu Mugabe

Menschenrechtsgruppen aus ganz Afrika protestieren erstmals gemeinsam gegen die andauernden Massenvertreibungen und Zerstörungen von Slums durch Polizei und Armee in Simbabwe . UNO schätzt Zahl der Betroffenen auf 1,5 Millionen Menschen

VON DOMINIC JOHNSON

Erstmals hat eine afrikaweite Koalition von zivilgesellschaftlichen Organisationen deutliche Kritik am Staatsterror in Simbabwe geübt. In einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung fordern über 200 Gruppen „sofortiges und effektives Handeln“ der UNO und Afrikanischen Union gegen die „massenhaften Zwangsvertreibungen und Zerstörungen“ in Simbabwe. Der seit vier Wochen andauernde Abriss informeller Siedlungen durch die simbabwischen Sicherheitskräfte, der mindestens 300.000 Obdachlose produziert habe, sei „eine schwere Verletzung der internationalen Menschenrechtsgesetzgebung“, für die es „keine Rechtfertigung“ geben könne. „Zehntausende von Menschen leben jetzt unter freiem Himmel im Winter ohne Zugang zu ausreichendem Obdach, Nahrung oder sauberem Wasser“, so die Erklärung.

Initiatoren der Erklärung sind die internationale Menschenrechtsorganisation amnesty international, das internationale Centre on Housing Rights and Evictions und die simbabwische Gruppe Zimbabwe Lawyers for Human Rights. 211 Organisationen weltweit haben mitunterzeichnet, davon 190 aus 23 Ländern in Afrika. Nigeria mit 63 und Südafrika mit 35 Unterzeichnergruppen stellen die größten Kontingente.

In Simbabwe hat die Regierung in einer seit Mai andauernden Polizei- und Armeeoperation „Murambatsvina“ (Müll aufräumen) zunächst „illegale“ Straßenverkaufsstände, dann „illegale“ Slumhütten und schließlich komplette informelle Vorstädte niedergewalzt, um die Schattenwirtschaft zu bekämpfen, die seit dem Zusammenbruch der formellen Wirtschaft in den letzten Jahren die einzige Überlebenschance für die Mehrheit der Bevölkerung darstellt. Die Zahl der Vertriebenen und Betroffenen beläuft sich nach Regierungsangaben auf 120.000, nach UN-Schätzungen auf bis zu 1,5 Millionen. Zehntausende Menschen sind verhaftet worden, hunderttausende haben alles verloren. Sogar Kleingärten zum Gemüseanbau sind neuerdings verboten. Inzwischen kommt es regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Militär und Slumbewohnern.

Afrikas Regierungen haben sich mit Kritik an Mugabes Kurs immer zurückgehalten – sogar Südafrika, das als einziges Land Mugabe wirtschaftlich in die Knie zwingen könnte. Die Meinung, der simbabwische Präsident vertrete die Interessen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit seines Landes gegen die weiße Elite, trübte lange Zeit den Blick darauf, dass Schwarze von Mugabes Unterdrückung viel härter betroffen sind als die Weißen, die immerhin legal auswandern können. Erst vor kurzem wurde bekannt, dass Malawi und Südafrika weiterhin Rüstungsmaterial nach Simbabwe liefern.

Dass jetzt Afrikas Bürgerrechtler das Schweigen brechen, soll dem nächsten Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU) in Libyen im Juli auf die Sprünge helfen. Die neue Erklärung wurde in fünf Ländern gleichzeitig vorgestellt. In Namibia wurde sie vor der simbabwischen Botschaft öffentlich verlesen.