Manifest aus Lyrien

Die Zeit wird knapp. Die Tyrannei erzwingt jetzt unsren Hilfeschrei: Dies ist die Manifestation der lyrischen Opposition.

Wir stellen uns den Diktatoren der schlappen Verse. Auf die Ohren bekommen Grünbein es und Grass. Weil sie nicht still sind, setzt es was.

Mit Stanze, Haiku und Metapher geht’s aufrecht gegen die Erschaffer von schwiemeligem Sprachenmuff: Reim-Pumpgun hoch – und piff-paff-puff!

Doch sind wir arg unter Beschuss. Wenn niemand hilft, ist hier bald Schluss. Reimlexika für frische Lyrik sind fast verbraucht. Schon reimt sich’s schwyrik.

Wir rufen dich, du freie Welt: Schickt uns nicht Waffen, schickt nicht Geld! Wir brauchen kein UN-Mandat, wir brauchen Lyrik-Destillat!

Sendet uns Jamben und Trochäen, wir müssen Schüttelreime säen. Schickt von den Limericks die schnellen – das hilft uns lyrischen Rebellen.

Auch fehlt’s im Waffenarsenal an Distichon und Madrigal. Wir reimen schon auf kleiner Flamme und brauchen Aufruhr-Epigramme.

Selbst Klapphornvers und Minnesang eignen sich gut zum Waffengang. Im Häuserkampf hilft die Ballade und die Sonette-Kanonade.

So werfen wir gegen das Böse uns reimend in das Kampfgetöse und nehmen auf uns die Martyrien. Wir kämpfen für ein freies Lyrien.

Peter P. Neuhaus