berliner szenen: Bürgeramt Berlin, Teil zwei
Neulich habe ich über ein Bürgeramt in Mitte geschrieben, in dem ich elektronisch einen Termin für die Beantragung eines neuen Reisepasses gebucht hatte, dann aber wegen der offenbar gleichzeitigen Mittagspause aller Mitarbeitenden fast 45 Minuten hatte warten müssen. Meine eigene Mittagspause ging dabei drauf.
Noch verrückter finde ich aber, dass man auch für die Abholung des Ausweisdokumentes einen Termin bekommt, festgelegt beim ersten Termin. Anfang Juni wurde mir dafür der 20. Juli vorgeschlagen, um 9.36 Uhr. Man bekommt dazu eine Bestätigungsmail, die man am Eingang vorweisen muss, um das Bürgeramt überhaupt betreten zu dürfen.
Der 20. Juli sollte der bislang heißestes Tag des Sommers werden, mit bis zu 38 Grad. Ich musste mit dem Fahrrad einmal quer durch die Stadt. Aus Rücksicht auf meine Gesundheit fuhr ich früh los. Bereits um kurz nach neun stand ich vorm Bürgeramt. „Sie sind zu früh“, sagte der Sicherheitsmann am Eingang. „Ja, ich weiß, aber ich kann ja einfach warten“, erwiderte ich. „Wir müssen Sie bitten, draußen zu warten. Ab zwanzig nach können Sie rein“, sagte er. Wie bitte? Ich stand in der glühenden Sonne und war sprachlos. Aber will man Streit, morgens um neun?
„Ich setz mich nebenan in den Park“, sagte ich also genervt. „Vielen Dank“, sagte die weibliche Kollegin des Sicherheitsmannes. „Wieso sagst du zu der Frau,vielen Dank'?“, hörte ich noch den Mann, als ich ging. Ich merkte eine leise Wut in mir hochsteigen: „Vielleicht aus Höflichkeit?“, fragte ich betont freundlich. Dann saß ich eine halbe Stunde auf der Parkbank. Als ich um 9.30 Uhr wieder vor der Tür stand, sagte der Sicherheitsmensch gerade sehr höflich zu einem alten Mann „Sie sind zu früh, aber wenn Sie schlecht laufen können, dürfen Sie jetzt schon rein.“ Gaby Coldewey
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