eine stimme der korrektur: schall und rauch – lärm und feinstaub
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Namen korrigieren macht Spaß. Und das Recherchieren von Originalschreibweisen ist ein wachsendes Betätigungsfeld eines Korrektors, dank des Internets. Bei Personen gilt zum Glück die eiserne Regel: Wie jemand selbst sich schreibt, ist maßgeblich. Seinen Namen schreiben kann fast jeder, so dass diese Fähigkeit oft als Kriterium der Alphabetisierung dient. Die Zahl der Deutschen, die ihre Adresse richtig schreiben können, dürfte hingegen heute so niedrig sein wie seit Jahrzehnten nicht. Wie war das gleich mit Straße oder Strasse?

Aber davon abgesehen: Der Name eines Menschen ist hierzulande oft stabiler als der seiner Umgebung, die er einst vorfand. Namen korrigieren macht Spaß. Als es nach 1918 schick war, sich des französischen Einflusses zu erwehren, verloren viele deutsche Orte ihr C, vor wie nach 1933. Crefeld, Coblenz, Cassel, Cüstrin, Cöpenick … Heute wieder Cöln zu schreiben traut sich kaum wer, dann schon lieber Cologne.

Noch schwieriger wird es, wenn Eigennamen auf eine Straße übertragen werden, denn dann schlägt die Stunde der Besserwisser. So hatte man bei eben erwähnter Austilgung des C in Berlin oft schon eher Tabula rasa gemacht als in der betreffenden Stadt selbst. Das „Kottbusser Tor“ oder die „Koburger Straße“ eilten einer Wirklichkeit voraus, die bis heute nicht kam.

Da nun die Namen von Menschen länger halten, machen sie weniger Probleme mit der aktuellen Schreibweise. Eher verschwindet die ganze Person als nur ein Buchstabe. Doch wieso ist in einer früheren SS-Siedlung in Berlin eine Straße „Himmelsteig“ benannt? Welche Assoziationen die Mitwirkenden des vorherigen Preisausschreibens von Das Schwarze Korps hatten, will man lieber nicht so genau wissen; sonst müsste man die Straße noch umbenennen.

Aber Namen korrigieren soll doch Spaß machen! Da kümmern wir uns lieber um harmlosere Straßenpatrone. Hieß der Firmengründer Müller Günter oder Günther? War der denn wichtig? Für seine Leute wohl schon … Muss eine Straße nach einer Person heißen, die in einem anliegenden Betrieb verehrt wird, der so gerne eine schmückende Adresse haben wollte? (Würde der Namensgeber wirklich allenthalben geschätzt, würde die Kommune ihn doch jenseits des Dunstkreises der Firma besser zu ehren wissen!) Vor allem in kleineren Orten sind solche Gefälligkeiten des örtlichen Rates zu bewundern. Auch in Berlin könnte das nun in Mode kommen (in der und über die taz wurde vielfach berichtet). Und bald kann man den Kunden, der behauptet, die Adresse längst zu kennen, zurechtweisen: „Nein, das heißt jetzt: …“ Namen korrigieren macht Spaß. MATTHIAS FINK