Sorgenlose Disco-Betreiber

K.-o.-Tropfen Die Zahl der Opfer von K.-o.-Tropfen ist seit Jahren hoch. Beim Frauennotruf meldeten sich im Mai vier Frauen. Betreiber von Discotheken und Kneipen sehen oftmals keinen Handlungsbedarf

„Die Gefahr ist nicht auf eine bestimmte Szene begrenzt“

Daniela Müller, Frauennotruf

Die Bremer Polizei warnt vor einer Panikmache bei sexueller Gewalt im Zusammenhang mit sogenannten K.-o.-Tropfen. Laut Harald Lührs vom Fachkommissariat für Sexualstraftaten liegt die Zahl der nachweisbaren Straftaten seit Jahren unverändert im einstelligen Bereich. Radio Bremen berichtete dagegen vergangene Woche über eine steigende Zahl von Opfern: „Immer häufiger werden Frauen und Mädchen Opfer von K.-o.-Tropfen. Beim Frauennotruf gehen ungefähr 50 Notrufe pro Wochenende ein.“

Daniela Müller, Mitarbeiterin beim Frauennotruf, ist sauer über diese „Falschaussage“. Im vergangenen Monat hätten sich vier Betroffene beim Frauennotruf gemeldet. Die Dunkelziffer schätzt Müller auf etwa 50 Vorfälle im Monat.

K.-o.-Tropfen sind geschmacksneutral, geruch- und farblos und können schon bei geringer Dosis zu Rauschzuständen und Bewusstlosigkeit führen, es kann sogar zum Tod durch Atemstillstand oder Multiorganversagen kommen. Am häufigsten wird die herbeigeführte Willenlosigkeit für Raubüberfälle genutzt, ebenso für sexuelle Gewalt und Vergewaltigung. Um die Sensibilität in der Bevölkerung zu erhöhen, verteilte der Frauennotruf zuletzt 2009 rund 40.000 Flyer und Postkarten in Bars, Kneipen und Diskotheken. Viele seien sofort im Altpapier gelandet, so Müller, es mangele an Zusammenarbeit von Seiten der Betreiber. Zur Zeit leiste man verstärkt in Schulen Aufklärungsarbeit. Die Streetworker von Pro Meile setzen auf Aufklärung in Verdachtsmomenten.

Der NFF-Club reagierte auf eine Anfrage der taz unwirsch: „Lassen Sie doch bitte das NFF in Ruhe, es gibt doch andere Diskotheken, die Sie fragen können.“ Im Modernes gibt es laut dem Geschäftsführer Edu Woltersdorff „keine konkreten Hinweise zu K.-o.-Tropfen“. Deswegen habe er sich bislang auch keine Gedanken über Präventionsmaßnahmen gemacht. Woltersdorff will seinen Gästen durch entsprechende Flyer oder Plakate den Spaß am Feiern nicht verderben und setzt auf Eigenverantwortlichkeit: „Ich denke, die Sensibilität ist bei den Gästen vorhanden.“

Stubu-Geschäftsführer André Dikow nimmt eine andere Haltung ein: „Wir nehmen die Warnungen der Polizei sehr ernst“, sagt er der taz. Durch Abtasten und Taschen-Kontrollen solle im Stubu verhindert werden, dass „verdächtige Substanzen“ hineingelangen. Außerdem sei ziviles Sicherheitspersonal im Einsatz – in welchem Umfang, wollte Dikow nicht sagen.

Der Chef des Hegarty’s, einem Irish Pub im Viertel, erklärt, „keine Erfahrung“ mit K.-o-Tropfen zu haben: „Wir haben kein entsprechendes Publikum.“ Er geht davon aus, dass nur junge Frauen in Discotheken gefährdet sind.

Der Frauennotruf warnt vor dieser Annahme: „Die Gefahr ist nicht auf eine bestimmte Szene begrenzt. Es kann auch in der Lieblingskneipe oder auf einer Betriebsfeier passieren.“ Die Täter seien nicht nur Fremde, sondern könnten auch Bekannte oder sogar Freunde sein.

Im Verdachtsmoment sei eine schnelle Beweissicherung wichtig, sagt Müller. In den Kliniken Nord, Mitte und Links der Weser ist seit Kurzem eine anonyme und kostenlose Untersuchung möglich. HMM