Neue Übersichtlichkeit auf dem Medienforum

Eine Woche vor der offiziellen Regierungserklärung muss sich Ministerpräsident Rüttgers beim 17. Medienforum NRW positionieren. Der Branchentreff soll sich gesundschrumpfen: Statt drei wird nur noch zwei Tage über Medien diskutiert

KÖLN taz ■ Die erste Grundsatzrede seiner Amtszeit als NRW-Ministerpräsident wird Jürgen Rüttgers am 4. Juli zu einem Thema halten, das im Wahlkampf eine Statistenrolle gespielt hat: Medienpolitik. Rund eine Woche vor der offiziellen Regierungserklärung muss sich der Christdemokrat beim 17. Medienforum NRW, der Branchenschau des Westens, positionieren. Wenn er für die Wiederaufnahme des Standortwettbewerbs mit Bayern, Berlin und ausländischen Produktionsstätten plädiert, geht er eine Verpflichtung ein. Wenn er nichts dazu sagt, kann ihm das als erste Schwäche ausgelegt werden. Als Regierungschef kann Rüttgers natürlich den Mittelweg wählen und über den Titel der Veranstaltung „Prinzip Verantwortung“ ein paar wolkige Sätze verlieren. Aber auch das wäre schwach.

Die Organisatoren der Kölner Agentur HMR International dürfen sich die Hände reiben. So spannend war die Gemengelage wenige Tage vor der Eröffnung am 4. Juli lange nicht mehr. Das Forum dümpelte vor sich hin. Aussteller, Gäste, Berühmtheiten blieben aus, die Teilnehmer und die Presse waren unzufrieden über realitätsferne und noch dazu unübersichtliche Diskussionsrunden. Das soll nun dieses Jahr alles anders und eben besser werden, verkündeten Veranstalter und Organisatoren gestern. Das nordrhein-westfälische Medienforum soll sich gesundschrumpfen. An einem einzigen Veranstaltungsort – der Kölner Messehalle 6 –, an zwei statt bislang drei Tagen sollen lediglich zwei Themenschwerpunkte diskutiert werden: Geld und Inhalt. In der von Norbert Schneider, Vorsitzender der Landesanstalt für Medien (LfM), aufgeworfenen Frage „Was sollen wir senden und produzieren?“ stecken schon beide Kerne: die moralische Frage nach dem gesellschaftspolitischen Auftrag und die nach dem finanziellen Gegenwert.

Trotz der Schrumpfung bleibt beim Medienforum prinzipiell alles beim alten: Auf dem medienpolitischen Kongress wird diskutiert. Bei der Cologne Conference und dem Internationalen Filmkongress laufen die neuesten Film- und TV-Produktionen. Bei der Bildungsmesse „generation m“ suchen junge Medienmenschen neue Arbeitgeber.

Das Schöne an der Cologne Conference: Die Filme sind dem breiten Publikum zugänglich. Die Kinos der Stadt zeigen Produktionen wie die deftige britische Vatikan-Verarschung „Popetown“, die nie im TV zu sehen sind, für wenig Eintrittsgeld.

Highlight des medienpolitischen Kongresses ist sicherlich der Dienstag, an dem Vertreter des Partnerlandes Türkei zu Wort kommen. Das Impulsreferat wird der türkische Staatsminister Besir Atalay halten. Der anschließende Dialog ist mit zwei Teilnehmern – Peter Glotz, Publizist, und Altan Öymen, Journalist – von geradezu vorbildlicher Übersichtlichkeit. Von der Eröffnungsrunde am Montagmorgen mit sage und schreibe elf Podiumsgästen und Moderatorin Sandra Maischberger ist dagegen nicht mehr zu erwarten als die „Aneinanderreihung von Statements“, die LfM-Chef Schneider gestern selbstkritisch an den vergangenen Foren monierte.

Nicht nur solche Elefantenrunden sowie die räumliche und inhaltliche Zerfaserung des Kongresses haben in den Vorjahren für schlechte Stimmung gesorgt. Auch die Verbindung zu den großen der Branche war gestört. RTL organisierte plötzlich eigene Empfänge, der WDR nutzte die Eröffnungsveranstaltung, um zu kolportieren, was bei der Vorbereitung alles schief gelaufen ist.

Nun, so scheint es, sind wieder alle versöhnt und im Boot: WDR und RTL, sogar der Verlegerverband. Die Sender dürfen dafür ihre schönsten Produktionen in einem ansprechenden Rahmen präsentieren. Und über die immer noch darbende Zeitungsbranche wird zum Glück gar nicht erst diskutiert.

SEBASTIAN SEDLMAYR