Schlechte Wirtschaftslage für fairen Handel

Inflation macht faire Preise für viele zu hoch. Branche warnt vor Nullwachstum

Von Michael Schlegel

Der russische Angriffskrieg und die Inflation stellen den Markt für fair gehandelte Produkte vor Herausforderungen, klagt die Branche. „Es gibt viel externen Druck“, sagte Matthias Fiedler, Geschäftsführer des Forums Fairer Handel, am Mittwoch bei der Jahrespressekonferenz des Verbands. So habe sich der Überseetransport stark verteuert, die Kosten für Container seien zum Teil um das Zehnfache gestiegen. „Wenn man am Ende des Jahres bei null Prozent Wachstum rauskommt, ist das ein gutes Ergebnis“, meinte Fiedler.

Dabei hatte sich die Branche gerade erst wieder berappelt. Schon 2020 musste sie aufgrund der Coronapandemie Umsatzeinbußen hinnehmen. Im vergangenen Jahr wurde aber wieder mehr fair Gehandeltes gekauft, die Umsätze stiegen 2021 gegenüber dem mauen Vorjahr um 7 Prozent und lagen damit bei 1,9 Milliarden Euro. Deshalb sagt Fiedler trotz der getrübten Aussichten auf die Bilanz des Jahres 2022: „Der faire Handel hat sich mal wieder als krisenfest erwiesen“. Diese Entwicklung liegt zu einem großen Teil an Zuwächsen auf den Märkten für fairen Kaffee und faire Schokolade. Kaffee ist nach wie vor mit Abstand „der Spitzenreiter unter den fair gehandelten Produkten“, so Fiedler. Er macht allein fast ein Drittel des gesamten Umsatzes der Branche aus. Im Schnitt gab je­de:r Deutsche letztes Jahr 23,50 Euro für faire Lebensmittel und Handwerksprodukte aus.

Obwohl die Mitglieder des Forum Fairer Handel gemeinsam nur 12 Prozent des Umsatzes am Markt für fair gehandelte Produkte ausmachen, beziehen sich diese Zahlen auf die gesamte Branche. Zu den Mitgliedern des Verbands gehören beispielsweise die Fair-Handels-Unternehmen GEPA und der Weltladen-Dachverband, dessen Weltläden man aus vielen deutschen Innenstädten kennt.

Um faire Handelsbedingungen auf dem gesamten Markt voranzubringen, stellt der Branchenverband auch Forderungen an die Politik. So wünscht er sich ein starkes und wirksames EU-Lieferkettengesetz. Ein entsprechender Vorschlag der Europäischen Kommission gehe nicht weit genug. Das Gesetz müsste existenzsichernde Einkommen für Pro­du­zen­t:in­nen und Klein­bäue­r:in­nen beinhalten, heißt es bei dem Verband. Auch fordert er ein Verbot von Dumpingpreisen, also des Einkaufs zu Preisen, die die Produktionskosten der Er­zeu­ge­r:in­nen nicht decken. Schließlich unterstützt der Verband den Vorstoß von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), das Wettbewerbs- und Kartellrecht zu schärfen. „Es geht darum, vermachtete Strukturen in Lieferketten zu verändern“, so Fiedler.